: Die teure Rechnung als „unbillig“ erklären
Verbraucherschützer sehen beim Gas vier preistreibende Faktoren. Der schlimmste ist die Händlerwillkür
BERLIN taz ■ Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Hannover will heute die Gaspreise erhöhen. Ab Oktober sollen Kunden 12,7 Prozent mehr für ihr Gas zahlen müssen. Die Helmstedter Eon-Avacon hat bereits ihre Tarife erhöht. Genauso wie die Stadtwerke Hamm. Oder die Stadtwerke Halle.
Hannover, Helmstedt, Halle, Hamm: „Den Abzockern kein Geld schenken“ fordert der Bund der Energieverbraucher auf seiner Internet-Seite (www.energieverbraucher.de). Klickt man auf den türkis unterlegten Slogan, erscheint ein Musterbrief: „Ich halte die von Ihnen verkündete Erhöhung der Gaspreise für unbillig.“ Das Schreiben sollte dem Gasversorger per Einschreiben zugehen, danach soll der Kunde nur noch Abschlagszahlungen überweisen. Industrie und Private: 40 Millionen Gasanschlüsse gibt es in Deutschland, mit ihnen sind 20 Millionen Wohnungen mit Gas versorgt.
„Natürlich: Die Rohstoffkosten steigen derzeit“, argumentiert Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher. Dennoch sei in den Gaspreisen bundesweit noch 16 Prozent „Luft“ drin. Peters: „Um diesen Satz haben sich zwischen April 1997 und April 2005 die Preise für Haushalte stärker erhöht als Importpreise, Inflation und höhere Steuern zusammengenommen.“
Nach Ansicht der Verbraucherschützer sind vier Elemente preissteigernd. Erstens die Rohstoffkosten, die sich aufgrund von steigender Nachfrage verteuern. Zweitens die Laufzeiten der Lieferverträge (siehe oben). Peters: „Wären die Stadtwerke nicht so fest an die Eons und Co gebunden, könnten sie durchaus auch mal bei günstigeren Händlern einkaufen. Zum Beispiel in den Niederlanden.“ Drittens ist für die Gaspreisentwicklung die Ölpreiskopplung verantwortlich. Viele Kritiker bemängeln genau diese Preisbindung, weil sie zu automatischen Verteuerungen führe. Für den Bund der Energieverbraucher ist aber ein vierter Faktor entscheidend: Willkür der 15 Gashändler. „Es gibt in Ostdeutschland Regionen, wo die Kunden 50 Prozent mehr für das gleiche Erdgas zahlen müssen, das den Kunden in Norddeutschland geliefert wird“, sagt Peters. Keine der derzeitigen Preiserhöhungen sei angemessen. Sie dienen nur der Gewinnsteigerung der Händler. NICK REIMER