: Krieg gegen Langeweile
In den USA interessierte sich niemand für Bilder von kriegsversehrten Heimkehrern aus dem Irak. Die New York Times-Fotografin Nina Berman erhielt dafür den renommierten World Press Photo Award
AUS AACHENMICHAEL KLARMANN
Wichtig sei nur, dass so viele junge Menschen wie möglich diese Bilder sehen, sagt die Fotografin Nina Berman. Sie habe sie bisher in einigen Schulen zeigen können, und die Schüler waren so geschockt, dass sie sich beinah übergeben Hätten. „Die werden bei keinem noch so coolen Rekrutierer mehr unterschreiben,“ sagt die Mitarbeiterin der New York Times und Preisträgerin des World Press Photo Award. Ab heute sind ihre Arbeiten über amerikanische Irakkriegs-Veteranen in der Katholischen Fachhochschule in Aachen zu sehen.
Den renommierten Fotografenpreis erhielt Berman für diese Fotoserie. Bilder von Soldaten und Helfern, die der Krieg im Zweistromland so drastisch zeichnete und von denen viele heute ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst bestreiten können. Den porträtierten 16 jungen Männern und der einen Frau fehlen Gliedmaßen, ihre Haut ist verbrannt und ihre Seelen sind zerstört. Da sich in den USA offenbar niemand für Bilder solcher Heimkehrer interessierte, begann Berman nach ihnen zu suchen, sie abzulichten und zu interviewen. Resultat ist ihr Buch „Purple Hearts: Back from Iraq“. Eine Auswahl daraus wandert jetzt als Ausstellung mit dem Titel: „Purple Hearts - Mein Herz brennt“ durch Deutschland.
„Niemand kann dich darauf vorbereiten, dass du plötzlich deine Hand vor dir auf dem Boden liegen siehst und überall an den Wänden kleben kleine, blutige Stücke von dir,“ sagt Robert Acosta. Gerade 18 Jahre alt geworden, wollte er eigentlich nur „aus der unerträglichen Langeweile in Orange County, von meiner Gang und von den Drogen weg.“ 2002 meldete er sich zur Army, wurde im Irak stationiert – drei Monate später explodierte eine Handgranate neben seinem Fahrzeug. Eines von Bermans Bildern zeigt ihn im idyllisch gelegenen Garten, statt einer Hand einen metallischen Haken in seiner Hosentasche vergraben.
Der Titel von Buch und Ausstellung ist angelehnt am Ehrenabzeichen „Purple Heart“ des US-amerikanischen Militärs, dass im Kampf verwundete Soldaten erhalten. Im November gastiert die Ausstellung noch an der Universität Düsseldorf, bevor sie weiter durch Europa wandert.
Bis 8.10. 2005Infos: 0241-600030