: Paech gehabt
Hamburgs Linkspartei.PDS und WASG sind erfreut über ihr Wahlergebnis und ihren Bundestagsabgeordneten. Ansonsten aber sind sie etwas ratlos
Von Sven-Michael Veit
Über viererlei ist Hamburgs Linke sich einig. Norman Paech war ein guter Spitzenkandidat und das Wahlergebnis vorzüglich, eine linke Mehrheit im Bundestag aber gibt es nicht und zur Vereinigung von WASG und Linkspartei.PDS zu einer gemeinsamen gesamtdeutschen linken Partei keine Alternative. Alles andere hingegen ist offen.
Herzlich ist denn auch der Empfang „für unseren Bundestagsabgeordneten Norman Paech“, wie Landesgeschäftsführer Martin Wittmaack ihn nennt, am Montagabend im Ottenser Lichtmeß-Kino. Und freundlichen Applaus der knapp 70 Linkspartei.PDSler streicht der parteilose Professor ein, wenn er das Ergebnis der Bundestagswahl „eine optimistische Basis für eine linke Perspektive“ nennt. Und zustimmendes Kopfnicken erntet der 67-Jährige, wenn er analysiert, „die Rechte ist nicht durchgekommen“, von einer linken Mehrheit in Deutschland jedoch könne „keine Rede“ sein.
Das sieht auch Bernhard Müller vom Landesvorstand der Hamburger WASG so, der als Gast bei den „lieben Genossen und Freunden“ sprechen darf. Der aber Kopfschütteln hervorruft mit den Einschätzungen, „die Agenda 2010 wurde abgewählt“ und „wir sind die Minderheit gegen den neoliberalen Block“. Diese Sichtweise der WASG, vorigen Donnerstagabend auf einer von etwa 100 Mitgliedern besuchten Versammlung bestätigt, trifft bei der PDS kaum auf Zustimmung.
Sie könne „dem nicht folgen“, stellt Vorständlerin Christiane Scheider klar: „Eine Änderung des Hartz-IV-Kurses ist nicht in Sicht.“ Zudem gebe es „jenseits der Linkspartei keinen einheitlichen neoliberalen Block“, vielmehr sei eine „differenzierte inhaltliche Auseinandersetzung mit Rot, Grün, Schwarz und Gelb notwendig“, um von „der Kritik der herrschenden Politik zur Entwicklung eigener Alternativen“ zu kommen.
Deutlicher beschreibt dies der Genosse Michael Hartwig in einer Wahlanalyse im neuen PDS-Landesinfo. Dort stellt er fest, dass „die modernen Arbeitnehmerschichten“ in Hamburg zu einem größeren Anteil Grüne gewählt haben und nicht die Linkspartei. Hartwigs Empfehlung: „Da für die Wähler der Grünen die soziale Gerechtigkeit ebenfalls wichtig ist, sollte sich die Linke mit dem Gerechtigkeitsbegriff der Grünen auseinander setzen und mit dieser Klientel in einen Dialog eintreten.“
Genau dort aber liegt ein potenzieller Konflikt mit den enttäuschten Gewerkschaftern und Ex-Sozialdemokraten in der WASG, die eher auf Läuterung ihrer früheren GenossInnen hoffen. „Die künftige Entwicklung der SPD ist offen“, glaubt Landesvorständler Berno Schuckart, „die Kooperation mit allen linken Kräften“ sucht Joachim Bischoff vom WASG-Bundesvorstand. Die Formung „einer Neuen Linken“ müsse im „offenen Prozess“ und „mit Augenmaß“ erfolgen, finden die Spitzenmänner der WASG.
Dem kann PDS-Vorstandssprecher Yavuz Fersoglu zustimmen: „Wir müssen uns auf das Wagnis einer Neuen Linken einlassen“, beschwört dieser seine Basis. Die nickt, nicht wissend, worüber Bischoff in offenen Foren so alles diskutieren möchte. Zum Beispiel über die Frage: „Was heißt demokratischer Sozialismus im 21. Jahrhundert?“