: Wo’s grün ist, soll’s auch grün bleiben
DIE INI (XIV) Wohnungen sind knapp in Hamburg – am Spannskamp aber bekämpft man Neubaupläne
Die Norddeutschen engagieren sich in Bürgerinitiativen gegen Verkehrsprojekte, für Tiere oder gegen Datenmissbrauch – mal laut und knallig, mal leise und beharrlich. Diese Serie stellt in loser Folge die Menschen hinter den Initiativen vor.
Elsbeth Baumann nutzt den Sonntag, um Ordnung in die Unterlagen ihrer Bürgerinitiative zu bringen. Durch das offene Wohnzimmerfenster hört man einige Jungs auf der von Bäumen eingefassten Wiese vor dem Haus Fußball spielen. Geht es nach dem Bezirk Eimsbüttel, soll damit bald Schluss sein – ein Bebauungsplan sieht vor, dass die Grünfläche Wohnhäusern weichen muss.
Diese Pläne bestehen nicht erst seit die allein regierende SPD Ende 2011 beschloss, jährlich 6.000 neue Wohnungen in der Stadt zu schaffen. Schon zwei Jahre zuvor hatte der Bezirk eine Nachverdichtung von 50er- und 60er-Jahre-Siedlungen beschlossen. Darunter fällt auch Baumanns Siedlung am Spannskamp, errichtet in den 1960ern, großzügig und mit einer weitläufigen Wiese, altem Baumbestand und Spielplatz mittendrin. „Die einzige zusammenhängende Grünfläche in der Nähe“, sagt Baumann. Jeden Tag spielten hier Kinder aus der Siedlung oder nahegelegenen Kitas, die älteren Bewohner genössen da die frische Luft.
Das Haus, in dem die 55-Jährige wohnt, gehört einer Genossenschaft. Als die im Mai zur Vollversammlung lud, fragten Bewohner nach gerüchteweise existierenden Bauplänen. Die Genossenschaft verneinte, dabei war sie seit 2010 davon in Kenntnis gesetzt. Wenige Tage später dann lud der Bezirk die Anwohner – um über die Pläne zu informieren. „Wir waren natürlich auf Zinne“, sagt sich Baumann. „Wer laufen kann, ist dort hingegangen, das Rathaus war total überfüllt. Auf dem Heimweg haben wir gesagt, wir müssen was dagegen tun.“
Das war die Geburtsstunde der Bürgerinitiative. Seither hat Baumann, neben ihrer 40-Stunden-Woche beim NDR, einen zweiten Fulltime-Job. Mit neun Mitstreitern bildet sie den „harten Kern“ der Gruppe. Weil nur zwei Wochen für Einwendungen beim Bezirk blieben, erstellten sie eine Vorlage, die jeder Anwohner ergänzen konnte. Mit Erfolg: Mehr als 300 Einwände wurden eingereicht.
„Wir wollten keine Entscheidung vom Stadtplanungsausschuss, ohne dass jemand vor Ort war und gesehen hat, worum es geht“, sagt Baumann. Diesem Aufruf folgten die Parteien: Fast alle kamen und ließen sich erklären, was die Anwohner stört. „Natürlich müssen neue Wohnungen geschaffen werden. Wir finden nur, dass es zu viel Leerstand gibt, den man beheben muss. Wenn das passiert ist, sind wir auch bereit, unsere Wiese aufzugeben, vorher nicht.“
Vor Kurzem durften die Mitglieder der Bürgerinitiative ihren Standpunkt dem Stadtplanungsausschuss vortragen. Und sie erreichten, dass die Politiker die Genossenschaft zu einem Dialog mit ihren Mitgliedern aufforderten. Ein Termin dafür steht demnächst an – ein Erfolg für Elsbeth Baumann. Und wieder wird sie sich dafür einsetzen, dass sie die Rufe spielender Kinder auch in Zukunft an ihrem Schreibtisch hören kann. KATHRIN OTTO