Pleiten und Pannen

KOALITION Die Bilanz der Opposition nach einem Jahr Rot-Schwarz: Unfähigkeit und Selbstbeschäftigung

Abgenutzt. Ahnungslos. Unvorbereitet. Massiv in der Wortwahl haben Grüne und Linke im Abgeordnetenhaus am Dienstag das erste Jahr rot-schwarzer Regierungsarbeit bilanziert. Einziger Lichtblick für beide Fraktionen ist Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) mit seinem Wohn- und Mietenkonzept. Linksfraktionschef Udo Wolf sagte der Koalition aus SPD und CDU voraus, sie werde die fünfjährige Wahlperiode bis 2016 nicht durchhalten.

Nur eigene Probleme

Am 23. November 2011, rund zwei Monate nach der Abgeordnetenhauswahl, hatten Sozialdemokraten und Christdemokraten ihren 98 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag unterzeichnet. Möglich gewesen wäre auch ein Bündnis zwischen SPD und Grünen. Koalitionsgespräche platzten aber schon beim ersten Termin wegen des Streits um die A 100 – und auch, weil dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nur zwei Stimmen Mehrheit zu knapp waren.

„Die SPD ist wahnsinnig abgenutzt, die CDU ist zu unvorbereitet in diese Regierung gestolpert“, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Die Koalition verbraucht für sie zu viel Kraft mit eigenen Problemen: von den zwei entlassenen Senatoren Michael Braun und Sybille von Obernitz über die Doktortitel-Affäre von CDU-Fraktionschef Florian Graf bis hin zum Missmanagement des Flughafenbaus.

Pops Co-Chefin Antje Kapek warf Rot-Schwarz vor, im Parlament auch solche Grünen-Anträge abzulehnen, die sich inhaltlich mit Parteitagsbeschlüssen der Regierungsparteien decken würden. Sie wandte sich zudem gegen die immer wieder von der Koalition geäußerte Kritik, die Grünen würden sich gegen Investitionen stemmen: „Wir sind nicht dagegen – wir wollen bloß, dass solche Projekte so ordentlich geplant werden, wie jede Hausfrau es macht, wenn sie ihren Einkaufszettel schreibt.“

Linksfraktionschef Wolf sieht auch keine Entspannung für Rot-Schwarz, falls der Flughafen doch mal eröffnet und die schwelende NSU-Affäre aufgeklärt sein sollte – „denn dann müssen sie sich ja mit den wirklichen Problemen der Stadt befassen“, sagte Wolf. Wirtschafts- und sozialpolitisch sieht er bei Rot-Schwarz jedoch keine wirklichen Lösungen.

In der Parlamentssitzung am Donnerstag soll sich die Oppositionskritik vor allem auf Innensenator Frank Henkel (CDU) konzentrieren, der gleich dreifach unter Druck ist: wegen der NSU-Affäre, des Aktenschredderns und seiner Entscheidung, nicht an der im Amt bewährten Margarete Koppers als Polizeipräsidentin festzuhalten.

STEFAN ALBERTI