Flickschuster Sarrazin

Der Finanzsenator wehrt sich vehement gegen Vorwürfe, Berlin gebe Solidarpaktmittel unzweckmäßig aus

Für Thilo Sarrazin (SPD) ist der Frontverlauf im Streit um die angemessene Verwendung von Solidarpaktmitteln klar: Der Bund ist schuld. Der Finanzsenator wirft dem Bundesfinanzministerium vor, den ostdeutschen Bundesländern unrealistische Vorgaben für den Umgang mit Bundesgeldern zu machen. Damit reagiert Sarrazin auf Vorwürfe des Bundes, Solidarpaktgeld-Empfänger missbrauchten die Mittel.

Die derzeit rund zwei Milliarden Euro seien 2004 „in der Summe durchaus nach Sinn und Zweck des Gesetzes verwendet“ worden, sagte der Senator gestern nach dem Beschluss des „Fortschrittsberichts Aufbau Ost“. Darin müssen die fünf neuen Bundesländer und Berlin dem Bundesfinanzministerium jedes Jahr Rechenschaft über den Einsatz der Solidarpaktmittel ablegen.

Gegen das SPD-geführte Ministerium schoss Sarrazin überraschend scharf. Dessen Fachleute hätten offenbar ein „Eigenleben“ entwickelt und forderten von den ostdeutschen Bundesländern Investitionen, die das überschuldete Land nicht leisten könne. „Wenn Berlin in seiner derzeitigen Haushaltslage seine Investitionsausgaben erhöhen würde, könnte das nur mit zusätzlichen Schulden finanziert werden“, sagte der Senator.

Deshalb gab der Finanzsenator auch freimütig zu, „keinen Euro“ von den derzeit 2 Milliarden Euro Hilfen für den Aufbau Ost für Investitionen auszugeben, sondern für laufende Ausgaben. Nur so bleibe der bereits heute 60 Milliarden Euro große Schuldenberg des Landes beherrschbar. Im Rahmen des Solidarpakts II fließen zwischen 2005 und 2019 insgesamt 20 Milliarden Euro nach Berlin.

Kritik der Grünen, der Senat lasse auch in diesem Jahr 20 Millionen Euro EU-Fördermittel verfallen, wies Sarrazin zurück. Es würde inzwischen genau geprüft, welche Projekte mit EU-Geldern gefördert würden. Weil Berlin die nötige Kofinanzierung nicht immer aufbringen kann, muss es aus dem laufenden Haushalt mehr als 50 Millionen Euro nach Brüssel zurücküberweisen. MATTHIAS LOHRE