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Der deutsche Freund (El amigo alemán) Deutschland/Argentinien 2012, R: Jeanine Meerapfel, D: Celeste Cid, Max Riemelt

„Der deutsche Freund“ zeigt eine Liebe in Argentinien und Deutschland, die sich gegen alte Nazis und die Militärdiktatur unter General Videla zu behaupten versucht. Ein großbürgerlicher Villenvorort von Buenos Aires, Mitte der fünfziger Jahre. Sulamit Löwenstein ist die einzige Tochter ihrer 1936 aus dem Deutschen Reich geflüchteten Eltern. Im Haus gegenüber wohnt der ebenfalls 13-jährige Friedrich Burg. Die Eltern von Sulamit sind nicht begeistert, dass ihre Tochter sich mit dem Sohn von Nazis trifft. Aber Friedrich ist doch Argentinier, kein Deutscher, ruft Sulamit.

Als Friedrich erfährt, dass sein Vater SS-Obersturmbannführer war, bricht er mit seiner Familie. Und geht nach Westdeutschland, um zu erfahren, was sein Vater verbrochen hat. Friedrich wird als rastlose Gestalt gezeigt. Als Sulamit ihm nachreist, entzieht er sich ihr: Jetzt ist keine Zeit für persönliche Gefühle, proklamiert er seinen gestelzten Dialogtext. Er geht zurück nach Argentinien, schließt sich der Guerilla gegen die Militärs an, die im März 1976 geputscht haben, wird bald verhaftet, gefoltert. Und überlebt anders als tausende seiner GenossInnen die Haft – durch die Protektion seines Nazivaters. In einem Gefängnis in Patagonien kann Sulamit ihn besuchen. Sie bringt ihm Gedichte von Paul Celan, mit Todesfuge.

Die Details und die Ausstattung des Filmes sind perfekt. Da steht in der WG-Küche in Frankfurt ein originaler 16-mm-Projektor auf dem Tisch, die Kneipen sehen nach echtem Äppelwoi und Roth Händle aus, die ArgentinierInen trinken ohne Ende Matetee. Und auf beiden Seiten des Atlantiks werden Wachsmatrizenmaschinen genutzt, um Flugblätter zu vervielfältigen. Kein Zufall: Jeanine Meerapfel ist in Argentinien in einer Familie aufgewachsen, die vor der Judenverfolgung aus Deutschland geflohen sind, hat in den 60ern in der BRD studiert. Bei einem kurz eingespielten Originalfilm einer Vietnamdemo war sie selbst die Tonfrau.

Aber hinter der Ausstattung und der melodramatischen Liebesgeschichte bleibt der politische Kontext seltsam unscharf. Kein Wort davon, dass Präsident Peron eine Affinität zu den Nazis hatte und ihnen gerne Unterschlupf gewährt hat – bis hin zu Adolf Eichmann. Und Sulamit wird nicht müde, zu beteuern, dass der sich mit Selbstvorwürfen marternde Friedrich doch unschuldig sei an der Shoah, an den Naziverbrechen. Vielleicht hat dem Film die Kooperation mit einer deutschen Fernsehredaktion nicht gutgetan. Ärgerlich, wie die Chance vertan wurde, die grausame Unterstützung der BRD für die argentinische Militärdiktatur in mehr als nur einem Nebensatz aufzugreifen. So wirkt der Kontext seltsam wattig, vieles wird irgendwie angedeutet, aber nicht aus dem Zusammenhang heraus entwickelt. Da ist es schon fast zu vernachlässigen, dass auch die Dialoge hölzern daherkommen.  Gaston Kirsche

Läuft im Magazin, Fiefstücken 8a