: Essig mit Öl-Betriebsrente
Rund 100 Rentner, die von der Firma Exxon Mobil Betriebsrente bezahlt bekommen, haben ein Problem: Nach Fehlern in der Verwaltung werden Rückforderungen an sie gestellt, die manchen an die Grenze des Existenzminimus bringen
Erst kam der Schrecken, dann die Wut. Rund 940 Euro Betriebsrente bekommt der 78-jährige Thomas Sieber* monatlich von seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Firma Exxon Mobil. Plötzlich hatte er ein Schreiben im Haus, in dem es hieß, es seien Rückforderungen in Höhe von rund 3.400 Euro fällig. Diesen Betrag würde man mit den Rentenzahlungen verrechnen. Thomas Sieber musste davon ausgehen, über dreieinhalb Monate keine Rente zu bekommen.
Wie kam‘s? Entstanden ist die Rückforderung durch Unstimmigkeiten zwischen der Zahlstelle des Betriebs und der Krankenkasse. Die Zahlstelle hätte bei vergangenen Zahlungen eigentlich den Krankenkassen-Beitrag von Thomas Sieber einbehalten und an die Krankenkasse überweisen müssen. Aufgabe der Krankenkasse wäre es gewesen, die Beitragszahlungen zu überwachen. Aber die Zahlung des Betriebs an die Krankenkasse blieb jahrelang aus, statt dessen landete das Geld auf dem Konto von Thomas Sieber. Das stellte die Krankenkasse, im Fall von Thomas Sieber die BKK Mobil Oil, fest und forderte das Geld von Exxon Mobil zurück. Die Exxon Mobil Zahlstelle gab daraufhin die Forderung weiter an Sieber.
Ein Einzelfall? Laut Exxon Mobil seien um die hundert Rentner von Rückforderungen betroffen. Im Jahr 2000 habe es eine Neuauflage des Gesetzes für Beitragszahlungen aus Versorgungsbezügen gegeben, so Exxonmobil-Sprecherin Gabriele Radke. Die hätte den Krankenkassen aufgetragen, den Betrieben die beitragspflichtigen Rentner zu melden. Das sei aber in den fraglichen Fällen versäumt worden. Der Fehler sei bei der BKK Mobil Oil zu suchen.
Bei der BKK Mobil berichtet man von rund siebzig Fällen, in denen Rückforderungen an Rentner gestellt worden sind. „Ursache hierfür war eine fehlerhafte Rechtsanwendung seitens der BKK Mobil Oil“, erklärt Oliver Diehl, der zuständige Leiter der Beitragsabteilung bei BKK Mobil. Beziehungsweise sei in manchen Fällen nicht ganz klar, ob nicht doch die Zahlstelle im Betrieb einen Fehler gemacht habe. Jedenfalls sei man gesetzlich verpflichtet, die ausstehenden Beträge für bis zu vier Jahre zurückzufordern. Teils obliegt es den Betrieben, die fehlenden Beträge einzutreiben. Man habe keine andere Wahl, „schon um andere Versicherte nicht zu benachteiligen“, so Diehl.
Nun ergeben die Beiträge für vier Jahre unter Umständen eine hohe Summe, zu hoch für manchen Rentner-Geldbeutel – insbesondere dann, wenn das Geld sofort und in größtmöglicher Höhe einbehalten würde und die Rentner damit monatelang keine Betriebsrente mehr zur Verfügung hätten. Man bemühe sich hier um eine Regelung im Sinne des Kunden, sagt BKK-Mann Diehl. Thomas Sieber hat der Exxon Mobil im ersten Schreck eine Ratenzahlung von monatlich fünfhundert Euro angeboten, auf die sich Exxonmobil eingelassen hat. Von den 940 Euro Betriebsrente bleiben Sieber jetzt monatlich nur noch 440 Euro übrig, bis die Rückforderung getilgt ist.
Fraglich bleibt, ob die Rückforderungen überhaupt noch angemeldet hätten werden dürfen. Zwei unabhängige Anwälte in Bremen und Berlin mit Spezialgebiet Sozialrecht sagen, das könne man letztlich nur von Fall zu Fall entscheiden. Aber wenn Rentner mit ihren Bezügen unter die Grenze des Existenzminimums fallen, sei das nicht rechtens. Dagegen könne man klagen. Denis Bühler
*Name von der Red. geändert