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Archiv-Artikel

Nichts Böses über Abgedankte

Keine Träne für Henning Scherf: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff und sein Gegenspieler im Landtag, SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner, äußerten gestern Bedauern über den Abschied des Bremer Bürgermeisters

Der Rücktritt von Henning Scherf kam vielleicht nicht überraschend, plötzlich kam er doch. Dennoch fanden sowohl die Spitzen der benachbarten niedersächsischen CDU-Regierung als auch der SPD-Opposition angemessene Worte für Deutschlands dienstältesten Landespolitiker. Die taz nord versucht diese Worte zu deuten.

Ministerpräsident Christian Wulff: „Henning Scherf hat sich mit seinem Einsatz für die Politik in Deutschland und insbesondere für seine Hansestadt Bremen seinen Ruhestand wahrlich verdient und enorme Verdienste erworben. Mit ihm scheidet aus dem Amt ein echter Freund Niedersachsens und auch ein persönlicher Freund von mir, zu dem wir auch weiterhin intensiv Kontakt halten werden. Henning Scherf gehört für mich zu meinen Lieblingssozialdemokraten. Die Art seiner Amtsführung war für mich ein echtes Vorbild.“

Das sagte Wulff gestern der taz, wobei der Ausdruck „Lieblingssozialdemokrat“ vielleicht nicht von jedem als Lob verstanden würde. Vor zwei Jahren, Scherf war damals der Chef des Vermittlungsausschusses in Berlin, hatte sich Wulff über seinen Bremer Kollegen mit dem Satz geäußert: „Henning Scherf ist halt knuffig. Er war letzten Sonntag bei uns mit seiner Frau zum Tee beziehungsweise zum heißen Wasser, er trinkt ja immer heißes Wasser.“ Wulff plauderte weiter, dass auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement angefangen habe, im Ausschuss heißes Wasser zu trinken. Ob er Clement darum auch knuffig findet, sagte er nicht.

„Knuffig“: eine schwierige Vokabel. Im „Talk der Woche“ auf Sat1 hat Wulff sogar Edmund Stoiber als „irgendwie knuffig“ bezeichnet. Ja selbst Sigmar Gabriel, sein SPD-Vorgänger als niedersächsischer Ministerpräsident, bekam dieses Adjektiv verpasst – und das in einem NDR-Interview kurz vor der Wahl 2003. „Knuffig“ – ein vergiftetes Lob?

Sozialdemokratisch-aufrecht dagegen der Abschiedsgruß von Wolfgang Jüttner, SPD-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag, an den Zweimeter-Mann Scherf: „Henning Scherf ist ohne Zweifel der größte Bremer Bürgermeister aller Zeiten. Wenn wir uns treffen, schaue ich immer zu ihm auf. Ich bedaure seine Rücktrittsankündigung sehr. Gerne hätte ich mit ihm gemeinsam ab 2008 bei der Ministerpräsidentenkonferenz ein Gläschen warmes Wasser getrunken.“ taz