: Erleben statt Vorlesen
KINDER Die Illustratorin Stina Wiréns hat für das Buch „Klein“ den „Huckepack“-Preis des Bremer Instituts für Bilderbuchforschung erhalten
Marco Holmer, Geschichtenerzähler
Wie sollen Eltern zwischen bunten Tieren und Titeln wie „Beeil dich, kleines Faultier“ oder „Wal in der Wanne“ herausfinden, welches Bilderbuch das richtige für ihr Kind ist? Mit dieser Frage beschäftigen sich Jochen Hering und Tobias Kurwinkel vom Bremer Institut für Bilderbuchforschung (BIBF). Dort fand am Montag der erste Teil der Tagung „Die Welt im Bild erfassen – das Bilderbuch in fachdidaktischer und fachwissenschaftler Perspektive“ statt.
„Ein gutes Bilderbuch erzeugt Resonanz beim Kind und weckt sein Interesse für die Geschichte“, so der Literaturdidaktiker Hering. Wichtig sei, dass die Bilder ihre eigene Geschichte erzählten. „Sie sprechen die Gefühlsebene des Kindes an. Es kann zum Beispiel mit dem Begriff ‚trübsinnig‘ wenig anfangen, kann aber Traurigkeit in Bildern schnell wahrnehmen.“ Ein Bilderbuch, so Institutsleiter Kurwinkel, benötige sogenannte Leerstellen: „Die Geschichte muss Unbestimmtheiten aufweisen, die Kinder zum Nachdenken anregen.“
Die traurige Geschichte eines Wusels – das ist ein kleines graues Wesen mit Schlappohren – erfüllt diese Kriterien: Das Buch „Klein“ von Stina Wiréns erzählt die berührende Geschichte von Wusel Klein, der traurig ist, weil es Zuhause viel Streit und Gewalt gibt. Weil das Bilderbuch der schwedischen Illustratorin Kinder in ihrer emotionalen Entwicklung stärkt, wurde es mit dem Huckepack-Bilderbuchpreis des BIBF und der Phantastischen Bibliothek Wetzlar ausgezeichnet. „Das Buch nimmt die Sorgen und Ängste von Kindern ernst und bestärkt sie“, so Kurwinkel.
Dass neben dem Inhalt auch die Erzählweise darüber entscheidet, ob Kinder sich für ein Bilderbuch begeistern, weiß Geschichtenerzähler Marco Holmer: „Lesen Sie das Bilderbuch erst alleine und erzählen Sie dann den Kindern ihre eigene Version anhand der Bilder.“ Durch das freie Erzählen der Geschichte erhielten die Kinder einen größeren Bezug zur Geschichte. Wenn sie dann auch noch aktiviert würden, etwas parallel zum Zuhören zu tun, verfestige sich das Gelernte. Zur Geschichte von Wusel Klein können sie zum Beispiel Emotionen mit Fingerstempeln darstellen. Später kann das Kind anhand seines eigenen Werks die Geschichte wiedergeben.
Eine andere Methode des Erzählens sei es, den Ort der Geschichte mit Spielzeug oder anderen Gegenständen nachzubauen. „So können Kinder sich die Geschichte zu ihrer eigenen Geschichte umwandeln“, sagt Holmer.
Kurwinkel rät Eltern zum dialogischen Betrachten. Dabei lesen sie nicht nur vor, sondern reagieren auch auf Fragen wie „Warum macht er das?“ und erinnern an bereits vom Kind erlebte Situationen. Vanessa Reiber
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