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Archiv-Artikel

Mit dem Staat, aber auch ohne

PROGRAMM Bei der Wirtschaftspolitik sind die Piraten noch auf der Suche nach sich selbst

BOCHUM taz | Für manche Punkte brauchten sie Stunden, manche handelten sie ganz schnell ab. Auf ihrem Parteitag haben die Piraten ihr Grundsatz- und ihr Wahlprogramm erweitert.

Das Grundsatzprogramm zur Wirtschaftspolitik der Piraten ist eine Kompromisslösung aus zwei Teilen, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Die Piraten haben noch immer nicht festgelegt, wie sie das Verhältnis von Wirtschaft und Staat genau definieren, etwa was sie von Subventionen halten. Das Kapitel zu Steuern wurde nicht verabschiedet. Entschieden sind nun Positionen zum Arbeitsmarkt – der wichtigste Punkt ist hier die Abkehr vom Ziel der Vollbeschäftigung – und zur Globalisierung, die eher optimistisch gesehen wird. Das Programm sucht einen Mittelweg: liberal, aber reguliert, tendenziell eher mehr Staat als weniger. Die Piraten stimmten aber zugleich für die Kurzfassung eines Alternativantrags. Dieser beschreibt die Wirtschaft mit den Schlagwörtern „freiheitlich“, „gerecht“ und „nachhaltig“. Das Finanzsystem müsse „dem Menschen und der Realwirtschaft langfristig dienen“.

Mindestrente ja, Gorleben nein

Vage beschlossen die Piraten eine Mindestrente, „welche eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht“. Auch zur Gesundheitspolitik steht nun etwas im Grundsatzprogramm, neben Allgemeinplätzen („Der Mensch im Mittelpunkt des Gesundheitssystems“) findet sich dort die Forderung, „Privilegien der privaten Krankenversicherungsunternehmen“ im Interesse einer einkommens- und vermögensunabhängigen Gesundheitsversorgung abzuschaffen“.

Bei der Außenpolitik setzt die Partei auf die Zivilgesellschaft. Ziel ist hierbei die „Aufwertung und Demokratisierung internationaler und transnationaler Organisationen wie EU und UNO“. Die Piraten bekennen sich zur europäischen Einigung.

Im Programm für die Bundestagswahl schrieben die Piraten ihre bekannten Forderungen zu Transparenz und Datenschutz fest. Und es gibt nun auch Kapitel zur Umweltpolitik: Die Partei will einen Atomausstieg innerhalb von drei Jahren, Gorleben als Endlager lehnt sie ab.

Ohne längere Diskussion gingen Beschlüsse zur Forschungspolitik durch. Die Piraten fordern unter anderem „ethische Neutralität und Ideologiefreiheit der Wissenschaft“. Eine konkrete Forderung: Ergebnisse von aus Steuergeldern finanzierter Forschung sollen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Auch verabschiedeten die Piraten einen umfassenden Antrag zu „Inklusion statt Integration“. Andersartigkeit stufen sie darin als „Bereicherung unserer gesellschaftlichen Vielfalt und damit unseres gesamtgesellschaftlichen Potenzials“ ein.

SEBASTIAN ERB