Das Ding, das kommt
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Seine Buchcover für den Suhrkamp-Verlag sind legendär: Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe widmet Willy Fleckhaus eine Ausstellung Foto: Carsten Wolff/Fine German Design

Regenbogenim Regal

Ein Buch nach seinem Umschlag zu beurteilen, erinnert uns das bekannte englische Sprichwort, ist die ganz und gar falsche Richtung: Nicht auf die äußere Erscheinung, sondern aufs Innere kommt es an, wenn man den wirklichen Wert eines Menschen oder einer Sache feststellen will.

Tatsächlich werden tatsächliche Bücher – im Gegensatz zu den metaphorisch gemeinten Menschen – immer mehr nach ihrem Umschlag beurteilt. Bis zu 70 Prozent aller Buchkäufe, sagen Studien, werden heute ausschließlich über die Inaugenscheinnahme des Covers entschieden. Erst wenn das gefällt, schaut man sich die Rückseite und den Klappentext an oder blättert es mal durch. Werbepsychologen empfehlen Buchhändlern deshalb „Frontalpräsentation“.

Früher war das anders, da kamen sie als nackter Haufen Papier zum Kunden, der sie dann je nach eigenem Gusto einbinden konnte. Klassische Bücherwände sehen deshalb so schön homogen aus, Schweinsleder neben Schweinsleder. Erst im 19. Jahrhundert, als das Buch zur Massenware wurde, erfand man den „Verlegereinband“.

Mit der Jahrhundertwende kam dann die Versöhnung von inhaltlichem Anspruch und optischem Stilwillen, fanden auch Expressionismus, Konstruktivismus, Bauhaus und Dada ihren Niederschlag auf Umschlägen.

Aber der Erste, der wirklich verstanden hatte, welches Potenzial die grafische Gestaltung nicht nur von Büchern haben kann, war Willy Fleckhaus – und zwar gar nicht, um sie zu Kunst zu machen, sondern um sie zu verkaufen. 1959 bekam er von Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld den Auftrag, die Taschenbücher des Verlages zu gestalten, darunter die Bibliothek Suhrkamp und die Edition Suhrkamp, die sein größter Erfolg werden sollte.

Jedes Jahr gab es 48 Bände, für deren Gestaltung Fleckhaus 48 Farben von Blauviolett über Rot, Orange, Gelb, Grüngelb, Grün bis Blau wählte. Und im nächsten Jahr ging’s mit Blauviolett wieder los. Er brachte damit all die graue Theorie von Adorno bis Wittgenstein zum Leuchten. Den ganzen Regenbogen kann man noch bis Anfang Mai im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe sehen. MATT

„Willy Fleckhaus. Design – Revolte – Regenbogen“: bis 7. Mai, Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg