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Bauhaus & Film

Wohl zu kaum einer anderen Zeit waren die Avantgarden in den Künsten so sehr miteinander verbunden wie in den 1920er-Jahren. Ein lebendiger – und äußerst fruchtbarer – Austausch zwischen Literatur, bildender Kunst, Film und Architektur war damals geradezu selbstverständlich. Da überrascht es schon ein wenig, dass bis heute die Ansicht vertreten wird, es gäbe keine Bauhaus-Filme. Auch wenn es niemals gelang, die von László Moholy-Nagy erstrebte „Versuchsstelle für Filmkunst“ einzurichten, so spielte der Film nicht nur in der Programmatik des Bauhauses eines große Rolle – die Meister, Gesellen und Lehrlinge, wie die Lehrer und Studierenden gemäß den Satzungen genannt wurden, produzierten bis Mitte der 30er Jahre eine beachtliche Zahl von – zumeist kurzen – Filmarbeiten. Sogar Walter Gropius himself, dessen Lehrkonzept ja darauf abzielte, eine „Wissenschaft des Sehens“ zu vermitteln, war an mehreren dieser Werke beteiligt.

So zum Beispiel an dem 1926 / 28 gemeinsam mit Richard Paulick realisierten „Wie wohnen wir gesund und wirtschaftlich?, Teil 3: Neues Wohnen (Haus Gropius)“. Der klar und nüchtern beobachtende Stummfilm bildet den Auftakt des von Thomas Tode zusammengestellten Filmprogramms. Ein weiterer reformerischer Architekturfilm ist der einigermaßen bestürzende „Wo wohnen alte Leute“, den Ella Bergmann-Michel 1931 als Tonfilm drehte. Nichts mit Architektur, dafür umso mehr mit Arbeiten aus der bildenden Kunst und den Filmen von Hans Richter haben die abstrakten Filme und Lichtprojektionen zu tun. Selbstredend sind hier Titel wie „Reflektorische Lichtspiele“ (Kurt Schwerdtfeger, 1922) oder „Ein Lichtspiel schwarz-weiß-grau“ von László Moholy-Nagy aus den Jahren 1930 / 32. Von ganz anderem, nämlich stark sozialkritischem Zuschnitt ist dagegen Moholy-Nagys nur kurz danach gedrehte Studie „Großstadt-Zigeuner“. Ein beeindruckendes Spektrum von Beobachtung bis Abstraktion, das die Filme also hier abstecken.

Gründlich vertieft und erweitert wird das Thema in dem Band „Bauhaus und Film“, das der Herausgeber Thomas Tode an diesem Abend vorstellt. Da setzt der Architekturhistoriker Olaf Bartels Moholy-Nagys Filme mit der Architekturavantgarde der 1920er-Jahre in Verbindung oder arbeitet Andreas Haus die Bezüge zwischen ebendiesen Filmen und den groß angelegten City-Symphonien jener Zeit heraus. Da trägt der Filmhistoriker Jeanpaul Goergen zusammen, wo das Bauhaus in Dessau im Film der 1920er-Jahre überall vorkommt. Und da beleuchten die Filmemacherin Birgit Hein die experimentelle Filmtradition des Bauhauses und Norbert M. Schmitz die Probleme einer filmischen Bauhausästhetik.

Und so kann man am Ende sehr viel besser beurteilen, inwieweit es sich bei der Verbindung von Bauhaus und Film nun um eine Mesalliance oder ein verpasstes Rendezvous gehandelt hat.  Eckhard Haschen

Di, 21.15 Uhr, Metropolis, Buch: Thomas Tode (Hg.), „Bauhaus & Film“

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