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Archiv-Artikel

Behandlung ja, Wärmeschutz nein

Gesundheitsstagung zur medizinischen Notversorgung von illegalisierten Flüchtlingen. Auch immer mehr Menschen mit deutschem Pass fallen aus der Krankenversicherung

Wie können illegalisierte Flüchtlinge medizinisch versorgt werden? Um diese Frage drehte sich am Wochenende eine dreitägige, von der Medizinischen Beratungsstelle für Flüchtlinge und MigrantInnen veranstaltete Tagung im Altonaer Stadtteilzentrum Haus Drei. Ziel der Zusammenkunft: Der Austausch der rund 100 TeilnehmerInnen, die in verschiedenen westeuropäischen Ländern in der Flüchtlingsarbeit und der Gesundheitsversorgung tätig sind, über ihre langjährigen Erfahrungen mit der medizinischen Versorgung Illegalisierter.

Im „Workshop Recht“ stand die Frage im Mittelpunkt, ob sich Ärzte strafbar machen, wenn sie Menschen ohne Papiere medizinisch versorgen. Die Antwort lautet: nein. Die Verpflichtung des Hippokratischen Eides stehe über den Problemen, die entstehen könnten, wenn Mediziner Menschen ohne Aufenthaltsstatus behandeln. Doch der Hilfe sind juristische Grenzen gesetzt. „Wenn ich die Frostbeulen eines illegalisierten Flüchtlings behandele, ist das nicht strafbewährt. Gebe ich ihm aber einen Mantel gegen die Kälte, ist das eine soziale Leistung, bei der ich mich der Unterstützung der Verlängerung des illegalen Aufenthalts schuldig mache“, erklärt Frank John vom Netzwerk „Gesellschaft für Legalisierung“.

Zu diesem Thema soll nun ein offizieller Leitfaden für Arztpraxen, Notaufnahmen und Krankenhäuser entwickelt werden. Dabei suchen die Initiativen auch die Zusammenarbeit mit der Hamburger Ärztekammer, deren VertreterInnen ebenfalls an dem Kongress teilnahmen.

Rund 50.000 Flüchtlinge leben nach Schätzung der Gesellschaft für Legalisierung illegal in Hamburg. Sie haben keinen geregelten Zugang zu medizinischen Leistungen. Die Medizinische Flüchtlingsberatungsstelle versucht seit nunmehr elf Jahren, diesen Menschen eine Gesundheitsnotversorgung zu organisieren. Jährlich nehmen 500 bis 600 Menschen ohne Papiere, überwiegend lateinamerikanischer Herkunft, ihre Dienste in Anspruch. Die behandelnden Ärzte arbeiten ehrenamtlich.

Dazu kommen laut John immer mehr Deutsche, die nicht mehr krankenversichert sind; etwa einst privat versicherte Rentner oder Selbständige, die ihre Beiträge nicht mehr bezahlen können.

Wer arm ist, sollte besser nicht krank werden. Marco Carini