: Sanierungshilfe war „Fehlanreiz“
Nach dem Bundesfinanzministerium stellt nun auch der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums in einem Gutachten die föderale Beistandspflicht in Frage
Bremen taz ■ Das „bündische Prinzip“, nach dem Bremen und das Saarland seine Haushalts-Sanierungshilfen bekommen haben, enthält einen „fundamentalen Fehlanreiz“ und muss korrigiert werden. Diese Auffassung vertritt der 20-köpfige Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. Das hochkarätig mit Professoren quer durch die Republik besetzte Gremium hatte den Auftrag bekommen, sich mit dem Problem der „finanziellen Stabilität des deutschen Föderalstaates“ zu befassen. Ähnlich wie auch der Beirat des Finanzministeriums im Sommer geht der Beirat des Wirtschaftsministeriums davon aus, dass Sanierungshilfen nicht noch einmal in der Art ausgezahlt werden sollten.
Die „Beistandspflicht“, die das Bundesverfassungsgericht „für den Fall einer extremen Haushaltsnotlage in Gebietskörperschaften“ festgestellt hatte, enthalte einen „Anreiz für schwache Gebietskörperschaften“, formulieren die Wissenschaftler, „sich bei der Sanierung ihrer Haushalte auf die Beistandspflicht des Bundesstaates zu verlassen“. Sie unterlägen nur „weichen Budgetbeschränkungen“ und würden „Sparmaßnahmen im Zweifelsfall hinausschieben oder unterlassen“. Der „Fehlanreiz“ im Ausgleichssystem des kooperativen Föderalismus, so wie er seit 1969 gilt, müsse korrigiert werden, sagen die Wissenschaftler, denn nach dem Saarland und Bremen und Berlin stünden demnächst die neuen Bundesländer mit ähnlichen Ansprüchen auf der Matte. „Die gegenwärtige Finanzverfassung macht es für die finanzschwachen Länder weniger drängend, ihre Haushalte zu konsolidieren, und verführerisch, das Schlupfloch der Verschuldung auszunutzen und darauf zu spekulieren, der Bund werde schon einspringen.“ Als Beispiel werden die staatlichen Zuschüsse zum Bremer Space Park angeführt, aber auch ostdeutsche Projekte. Derzeit erhielten die neuen Bundesländer Hilfen für den „Aufbau Ost“, aber die Investitionsquote sei in allen Ländern außer Sachsen geringer als diese „Aufbauhilfen“.
Während der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums ein „Frühwarnsystem“ für Haushaltsnotlagen vorgeschlagen hatte, empfiehlt der Beirat des Wirtschaftsministeriums eine klare rote Linie: Es dürfe keine „Vollversicherung“ für die Schulden der Länder geben, sondern einen „Föderalismus mit beschränkter Haftung“. Schuldenbegrenzungen sieht vor allem der Maastricht-Vertrag vor. Dessen Kriterien, so die Wissenschaftler, sollten für die Länder auch gelten. Wenn sich aber Bund und Länder wie diskutiert die Neuverschuldungs-Obergrenzen im Verhältnis 55:45 teilen, dann hätte das für Bremen weitreichende Konsequenzen. Ein Experte im Bremer Finanzressort hat schon vor einem Jahr eine Modellrechnung gemacht. Ergebnis: Nur 400 Millionen Euro dürfte Bremen sich pro Jahr neu verschulden. 2005 wird die Summe aber in Wirklichkeit drei Mal so hoch ausfallen, allein die Zinszahlungen liegen schon über den 400 Millionen Euro. „Mögliche Sanktionen“, heißt es in dem internen Papier des Finanzressorts, lägen zwischen 25,3 und 63,2 Millionen Euro pro Jahr. Kawe