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Archiv-Artikel

„Detlef Buck ist mein Freund, glaube ich“

Vom Schulhof in die Charts: Für Kim Frank (23) und seine Band Echt hat sich der Traum jeder Schülerband erfüllt – und wieder zerschlagen. Nach vier Jahren kehrt er nun aus der Anonymität zurück – auf die Leinwand. Kim Frank über weiche Drogen, frühen Erfolg und seine neue Rolle als Soldat in „NVA“

INTERVIEW DAVID DENK

Kim Frank: Hallo, ich bin Kim.

taz: Du hast mir gerade die Frage abgenommen, ob ich dich duzen oder siezen soll. Wir sind ungefähr gleich alt, in der Kneipe würde ich dich ungefragt duzen. Andererseits hat die Bravo dich auch dann noch geduzt, als du schon erwachsen warst.

Stimmt. So habe ich das noch nie betrachtet. Das Sie würde eine gesunde Distanz mit sich bringen, die natürlich mit dem Du in Deutschland sofort durchbrochen ist. Das Vereinnahmen ist wirklich ein Problem, aber das ist ein Problem in meinem ganzen Leben. Genau wie du sagtest, in der Kneipe erkennen mich immer genug Leute, die mich dann sofort so behandeln, als hätten sie mich schon zehnmal getroffen. Andererseits möchte ich auch nicht gesiezt werden. Schließlich bin ich Künstler und kein Wissenschaftler.

Ist Berühmtsein wirklich so erstrebenswert?

Am einfachsten ist eigentlich die Phase, wo man abgeschottet ist, also auf dem Höhepunkt, wo du Security hast und Limousinen-Service. Da kriegst du’s gar nicht mit, wie berühmt du bist. In der Zeit danach, wo du wieder normal einkaufen gehen willst, da geht’s dann los, dass du richtig spürst, huch, das ist ja eigenartig, wie die Leute auf dich reagieren. Ich hab immer das Gefühl, die Leute wissen gar nicht, was Berühmtsein eigentlich bedeutet, wollen es aber trotzdem.

Warum?

Weil sie eine exponierte Stellung wollen. Und weil sie reich und berühmt werden wollen – die Klassiker. Was ich total schwachsinnig finde. Das war nie ein Ziel von mir.

Schöne Frauen, dicke Autos, große Häuser – war das dir etwa nie wichtig?

Natürlich war’s toll, viel Geld zu haben, weil’s einfach eine Sorge weniger ist. Das hat meine Mutter schon immer gesagt. Aber ich hab ja nicht ein Konzert gespielt, um Geld zu verdienen. Ich hab ja ein Konzert gespielt um des Konzerts willen. Dass wir dann damit viel Geld verdient haben, war super – aber auch nicht mehr.

Du hast mehrfach gesagt, dass du gegen Oberflächlichkeiten bist. Kann man dann in deinem Job nicht nur unglücklich werden, weil es er auf dem schönen Schein basiert?

Ja, das stimmt. Nur finde ich es einen wertvollen Kampf, sich dem zu widersetzen, immer ehrlich zu bleiben. Ich meinte diese Oberflächlichkeiten aber auch auf mich bezogen, wenn einer mich auf mein Äußeres reduziert zum Beispiel.

Wie reagierst du, wenn dir in einem Interview solch ein vorurteilsbeladener Journalist gegenübersitzt?

Früher war ich so dreist, einfach zu gehen, auch ohne ein Wort zu sagen. Oder ich hab vorher gefragt: Hast du auch noch mal eine gute Frage für mich? Wenn dann nur Gestammel kam, war ich weg. Das finde ich im Nachhinein aber nicht richtig, weil ich manchmal auch persönlich wurde und verletzend. Deswegen behelfe ich mir mittlerweile mit ein paar Tricks, wende eine Frage zum Beispiel in eine, die mich interessiert. Das funktioniert nicht immer, zum Beispiel bei sehr direkten Fragen nicht, etwa wenn du mich fragst, ob ich drogensüchtig bin.

Bist du denn drogensüchtig?Du lachst ja!

Nein, nie gewesen. Es gibt echt Leute, die sind so dreist, mich das zu fragen. Stell dir mal vor, ich war’s. Und ich habe Jahre gebraucht, um davon wegzukommen. Da wär’s eigentlich okay, wenn derjenige dann aufspringen würde und dem Interviewer direkt in die Fresse hauen würde.

Nach dem Ende von Echt hat dich ein Reporter des Magazins „Max“ in deinem Haus bei Flensburg besucht und danach als ziemlich depressiv und zugekifft beschrieben …

Ich finde, man kann den Artikel in „Max“ auf zwei Weisen lesen. Da steht auch unheimlich viel Schönes und Positives drin.

Hat der Reporter sich das mit der Kifferei etwa nur ausgedacht?

Nein, ich habe gerne mal einen Joint geraucht.

Aber im total kontrollierten Bereich? Du hast nie passiv in der Ecke gehangen?

Nein. Die Zeit, in der ich so lethargisch war, war die, als ich durch das Ende von Echt unglaublich schwere Magenschmerzen bekam. Da hätte ich gar keinen Joint rauchen können. Es ist ein vielleicht nicht normaler, aber kontrollierter Umgang damit gewesen. Das war halt mein Leben.

Soll Haschisch legalisiert werden?

Auf gar keinen Fall!

Warum nicht?

Weil es junge Menschen in ihrer Entwicklung hemmt. Wenn jemand, der noch nicht weiß, wer er ist und was er will, anfängt zu kiffen, lähmt es ihn nur. Wenn jemand voll dabei ist, zu machen, was er will, und genau weiß, wer er ist, dann entspannt es ihn abends. Und weil Erwachsene eh wissen, wo sie’s herkriegen: Warum legalisieren? Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es einen nicht voranbringt. Manchmal schadet es nicht, dass es einen nicht voran bringt, meistens schon. Ich habe mal den passenden Ausdruck gelesen, dass man sich danach fühlt, als hätte man den ganzen Tag auf dem Feld gearbeitet. Die körperliche Ermüdung, die bei Bürojobs wegfällt, die besorgen sich die Leute dann durch einen Joint. Und die Energie, die ihnen dadurch fehlt, durch andere Drogen.

Warum hast du dich nach dem Ende von Echt so zurückgezogen?

Ich wollte mir ein Studio bauen, wo ich in Ruhe Songs schreiben kann. Diese Vision hatte ich, als ich das erste Mal bewusst Pink Floyd gehört habe. Als dieser Reporter kam – und das steht in dem Artikel nicht drin – war gerade eine viereinhalbjährige Beziehung zu Ende gegangen. Und ich habe Songs geschrieben, fast schon ein bisschen autistisch. Ich hab aber nicht rumgelegen und über die Vergangenheit sinniert. Das ist einfach nicht wahr.

Schwer vorstellbar, dass man solch einen Karriereknick einfach so wegsteckt. Das glaub ich dir nicht.

Erstens musst du mir nicht glauben. Und zweitens merkt man ja schon viel früher, dass da gerade etwas schief geht. Denkst du, uns haben die schlechten Verkaufszahlen von „Recorder“ überrascht? Nein, natürlich nicht. Schon seit „Junimond“ haben wir versucht, unsere Karriere zu retten – und dieser Versuch hat nicht geklappt.

Wann war dir klar, dass Echt Geschichte ist?

Als wir uns musikalisch nicht mehr verstanden haben. Die einen wollten dies, und die anderen wollten das. Und ich würde sagen, das ist das Aus für eine Band, eindeutig. Du kannst untereinander Probleme haben, die kriegt man gelöst. Wenn du aber musikalisch keinen gemeinsamen Nenner mehr findest, fehlt dir jegliche Grundlage zum Musikmachen.

Wie hast du darauf reagiert?

Ich wurde ganz, ganz doll krank, bekam unglaublich schwere Magenschmerzen. Meine Ärztin sagte, sie wisse nicht warum. Das müsse psychisch sein. Und dann sagte sie den tollen Satz: „Ja, was schlägt Ihnen denn auf den Magen, Herr Frank?“ Und dann hab ich ihr das erzählt und dann meinte sie: „Das klingt für mich, als würden Sie sich selbstständig machen.“ Daraufhin bin ich zu einem Freund nach Tokio geflogen, um Abstand zu gewinnen und eine Entscheidung zu treffen. Wenn wir überhaupt über eine harte Zeit reden wollen, dann war das diese. Das steht in keiner Zeitung, müsste es auch eigentlich nicht. Aber vielleicht ist es dann endlich mal zu Ende, dass die Leute das immer besprechen wollen.

Was hättest du gemacht, wenn Leander Haußmann nicht angerufen hätte?

Ich hatte ja gerade Songs geschrieben für mein Soloalbum. Das Angebot passte aber sehr gut, weil ich nicht weiter kam. Das war ein richtiges Scheißgefühl, aber ich glaube, das kennt jeder Künstler. Du hast einfach verschiedene Phasen: Phasen von kreativem Output, und dann weißt du wieder nicht weiter …

Und dann hat wirklich das Telefon geklingelt, und Leander Haußmann war dran?

Es war jetzt nicht so: Huch, Hollywood ruft an! Das ist schon natürlich gewachsen, so wie sonst auch in meinem Leben. Alle versuchen immer, es als extrem darzustellen. Mag sein, dass die Eckpunkte es sind, aber dahinter stecken viele kleine Schritte. Leander war auch nicht sofort hellauf begeistert von mir, sondern erst abwartend. (Siehe Interview, Anm. d. Red.)

Wie war er überhaupt auf dich gekommen?

Durch Detlev Buck, seinen Produzenten, den ich schon vorher kennen gelernt hatte und mit dem ich mich extrem gut verstehe. Wir sind Freunde, glaub ich. Da bin ich immer ein bisschen vorsichtig. Weiß ja nicht, wie er das sieht, denke aber, er sieht es genau so.

Hast du dich als Laie dem Dreh gewachsen gefühlt?

Nein, am Anfang noch nicht. Bei den Probentagen sagte Leander immer zu mir: Mach weniger! Du musst noch weniger machen! Irgendwann hab ich gesagt, dann mach ich ja gar nichts mehr. Dann sagte er: „Genau“. Das war echt seltsam. Das musste ich erst mal verstehen. Am ersten Drehtag wusste ich dann aber genau, was ich zu tun und vor allem zu lassen habe. Die Kollegen waren am Anfang zwar schon distanziert, haben dann aber mit Lob nicht gegeizt.

Kannst du mir erklären, warum so viele Sänger schauspielern wollen und umgekehrt?

Früher war’s ja auch völlig normal, dass du deine Songs nicht selber schreibst, sondern dass sie für dich geschrieben werden. Marlene Dietrich, Hans Albers und wie sie alle heißen waren also Interpreten, die einen Text innerhalb eines gewissen Arrangements mit ihren eigenen Gefühlen ausgestattet haben, sowohl in der Musik als auch im Film. Dadurch, glaube ich, empfinden Künstler eine Verbundenheit der beiden Bereiche. Hinzu kommt, dass die meisten Leute, die Musik machen, Filme lieben und die meisten Leute, die Filme machen, Musik lieben.

Kommt bei dieser Selbstüberschätzung nicht viel zu oft nur Mittelmaß heraus?

Mittelmäßigkeit ist natürlich ein Problem. Ich bin generell der Meinung, man sollte nur das machen, was man auch gut kann. Man muss nicht immer was Neues machen. Ich habe zum Beispiel ganz lange nach einer Art gesucht, anders zu singen oder anders Musik zu machen – bis ich das irgendwann mal abgelegt habe. Seitdem singe ich so, wie ich’s gut kann. Mir macht’s Spaß, weil es mir leicht fällt. Und den Leuten gefällt’s auch.

Wie stellst du dir denn jetzt, wo durch den Film alles wieder in Bewegung kommt …

Das heißt ja nicht, dass mein Leben wieder in Bewegung kommt.

deine weitere Karriere vor? Für die Leute draußen bist du ja jetzt wieder da …

Für die Leute draußen. In Wirklichkeit war ich natürlich nie weg. Wichtig!