: Diallos teures Schweigen
FRANKREICH Der frühere IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn soll sich mit seinem mutmaßlichen Vergewaltigungsopfer Nafissatou Diallo geeinigt haben
AUS PARIS RUDOLF BALMER
Der ehemalige IWF-Direktor und französische Politiker Dominique Strauss-Kahn und die New Yorker Hotelangestellte Nafissatou Diallo haben laut New York Times nach langen Verhandlungen ihrer Anwälte eine gütliche Einigung gefunden. Es ist in den USA in solchen Fällen durchaus üblich, gegen eine finanzielle Abfindung eine Gerichtsverhandlung zu vermeiden. Für DSK, wie der frühere sozialistische Politiker in seiner Heimat genannt wird, wäre so zumindest in den USA eine Affäre juristisch ausgestanden, die ihn sein internationales Spitzenamt und in Frankreich womöglich seine Wahl zum Staatspräsidenten gekostet hat.
Die aus Guinea stammende Hotelangestellte im New Yorker „Sofitel“ hatte den prominenten Gast beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. Fotos von DSK in Handschellen gingen um die Welt. Spekulationen über seine Schuld am Sexualverbrechen oder Mutmaßungen über ein Komplott gegen ihn beschäftigten die Medien über Wochen. Die strafrechtlichen Ermittlungen wurden jedoch eingestellt, weil nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Klägerin Diallo in mehreren Belangen gelogen hatte. Noch drohte dem Franzosen ein zivilrechtlicher Prozess. Er ist offenbar bereit, viel Geld zu zahlen, damit er auch diesen abwenden kann.
Das Blatt Le Monde meldete gestern unter Berufung auf Vertraute von DSK, der frühere IWF-Chef wolle Diallo für den Verzicht auf ihre Klage 6 Millionen Dollar zahlen. Die Hälfte davon stelle seine Gattin Anne Sinclair zur Verfügung, die sich gerade erst von ihm getrennt hat. Um den Rest aufzubringen, müsse DSK Schulden machen. Diese Angaben dementierten seine Anwälten als „frei erfunden“.
Die „Sofitel“-Affäre führte auch zu anderen Ermittlungen. In Frankreich wurde das von der Journalistin Tristane Banon angestrebte Verfahren wegen sexueller Aggression und Vergewaltigungsversuchs aber eingestellt. Noch läuft in Nordfrankreich eine Voruntersuchung wegen schwerer Zuhälterei im Zusammenhang mit Sexpartys in Luxushotels, bei denen DSK laut Aussagen von Callgirls und anderen Zeugen nicht nur bloßer Teilnehmer, sondern einer der Organisatoren gewesen sein soll. DSK hat angegeben, er habe nicht gewusst, dass seine Sexpartnerinnen Prostituierte gewesen seien. Über seinen Antrag, die Anklage fallen zu lassen, wird am 19. Dezember entschieden.