: Kein Börsenschock nach Bali-Anschlägen
Der Markt gibt sich nach den Bombenattentaten auf der Ferieninsel Bali entspannt. Kurseinbrüche sind nicht zu vermelden. Auch die meisten Touristen wollen bleiben. Allerdings ist die Stimmung der Gewerbetreibenden vor Ort auf dem Nullpunkt
AUS BANGKOK NICOLA GLASS
Die jüngsten Bombenattentate auf Bali haben die Weltmärkte unbeeindruckt gelassen. Während die Fahndung nach den Drahtziehern auf Hochtouren läuft, reagierten die Börsen kaum. Die großen internationalen Reisekonzerne wie etwa die deutsche TUI, deren Aktien sich am Montag zeitweise um bis zu 1,5 Prozent verbilligt hatten, holten die Verluste gestern schon wieder auf. Selbst der indonesische Leitindex schloss sowohl am Montag als auch am Dienstag jeweils mit einem leichten Plus. Und das, obwohl zumindest Australien Reisende gestern vor weiteren Terrorattacken warnte.
Dass die Märkte die Katastrophe dieses Mal offenbar abschütteln, hängt damit zusammen, dass für Experten langfristig keine wesentlichen Einbrüche im Tourismus erkennbar sind. Er erwarte zwar einige negative Auswirkungen, sagte beispielsweise I Gde Pitana vom indonesischen Tourismusministerium. „Aber bei weitem nicht in dem Ausmaß wie nach den Attentaten vom Oktober 2002.“
Beobachter sprechen immer noch von „relativ vollen Hotels“, die Panik halte sich in Grenzen. Die Stimmung auf Bali selbst ist allerdings noch aufgewühlt. Hier macht sich verstärkt Bitterkeit breit: Die Bewohner der Insel fürchten weitere Attentate, die sie langfristig ihre Existenz kosten werden.
Das Business sei sehr schlecht, beklagt der Manager eines Cafes. Und ein Touristenführer fügt hinzu: „Ich kann hier nicht mehr lange überleben, ich werde wohl in meine Heimat Ostjava zurückgehen müssen.“
Die verbliebenen Touristen versuchen die Lage pragmatisch zu sehen: „Die Balinesen können doch nichts dafür“, so eine niederländische Urlauberin. „Wenn wir alle der Insel den Rücken kehren, haben die Menschen hier nichts mehr übrig.“ Eine bislang nicht bestätigte Anzahl ausländischer Gäste ist seit Samstagabend abgereist. Auch gab die australische Fluglinie Qantas bekannt, dass bereits 600 Passagiere ihre Reise auf Indonesiens beliebteste Ferieninsel gar nicht erst angetreten hätten.
Tatsächlich scheint sich aber die Einschätzung zu bewahrheiten, dass die aktuelle Situation nicht mit der im Oktober 2002 zu vergleichen ist: Damals befanden sich rund 130.000 ausländische Gäste auf der Urlauberinsel. Deren Zahl war nach den verheerenden Bombenanschlägen mit mehr als 200 Toten bis zum Jahresende auf knapp 30.000 gesackt, Hotelbuchungen fielen schlagartig bis zu 80 Prozent.
Und auch die Aktien an der Börse in Jakarta waren damals sofort in den Keller gegangen: Am ersten Handelstag nach dem Attentat hatte der indonesische Leitindex mit Kursverlusten von mehr als zehn Prozent geschlossen. Die Anschläge von Bali 2002 galten als die schwersten seit den Attacken am 11. September 2001 in den USA.
Experten prognostizieren Indonesien in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 5,9 Prozent. Ob sich die Erwartungen nun noch erfüllen können, bleibt abzuwarten. Schließlich hat die Hochsaison bei Reisen nach Südostasien gerade erst begonnen. Die kommenden drei Monate werden zeigen, ob Bali, das früher jährlich bis zu 1,5 Millionen Gäste anzog, Indonesiens Tourismus-Drehscheibe bleiben wird.