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Archiv-Artikel

Alles möglich außer Schröder als Sekretär

Spekulationen über ein mögliches schwarz-rotes Kabinett: Schröder könnte einen Posten übernehmen, auch wenn er nicht Bundeskanzler bleibt, sagt Familienministerin Renate Schmidt. Union und SPD wollen Personalfragen bis Montagfrüh klären

VON LUKAS WALLRAFFUND MAX HÄGLER

Spätestens am Montag sollen die Deutschen erfahren, wer sie künftig regieren wird. Diese Frist setzten sich die vier entscheidenden Verhandlungspartner von Union und SPD gestern vor ihrem ersten „Spitzengespräch“.

Nach Angaben beider Seiten sollte bei den Verhandlungen „unter acht Augen“ nicht nur die seit der Wahl umstrittene Besetzung des Kanzleramts geklärt werden, sondern die Verteilung aller wichtiger Posten in einer großen Koalition. Auch zentrale inhaltliche Fragen könnten bereits zur Sprache kommen, hieß es. Am wichtigsten sei, dass man eine solide „Vertrauensgrundlage“ für die erwünschte Zusammenarbeit schaffe, betonte Kanzlerkandidatin Angela Merkel.

Schon bevor die CDU-Chefin gestern Abend mit Kanzler Gerhard Schröder, SPD-Chef Franz Müntefering und dem CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber zusammentraf, machten allerlei Spekulationen die Runde, wie ein Kabinett aussehen könnte. Aus der CSU hieß es, Ministerpräsident Stoiber werde sicher nach Berlin wechseln. Seinen angeblichen Wunsch, das Finanzministerium zu übernehmen, habe man ihm jedoch „ausgeredet“.

Als erstes SPD-Führungsmitglied brachte Familienministerin Renate Schmidt ins Gespräch, dass Schröder an der Regierung beteiligt werden könne, auch wenn er nicht Kanzler bleibe. „Ich halte Gerhard Schröder für unverzichtbar in einer großen Koalition“, sagte Schmidt. Sie erwarte, dass er ein Amt annehme. Schröder sagte in der SPD-Vorstandssitzung, „als Staatssekretär“ stehe er nicht zur Verfügung.

Diese Äußerung sei „scherzhaft“ gemeint gewesen, erklärte Müntefering später. Die SPD gehe nach wie vor mit dem Ziel in die Verhandlungen, dass Schröder die Regierung führe. Ebenso wie Merkel vermied der SPD-Chef jedoch Festlegungen jedweder Art. „Man weiß nie, was kommt“, sphinxte Müntefering. Auf Nachfrage schloss er nicht aus, dass die SPD Angela Merkel zur Kanzlerin wählen könnte. Auch wenn einige Abgeordnete erklärt hatten, dies würden sie niemals tun, betonte Müntefering, die Fraktion werde sich an Beschlüsse eines Parteitags halten.

Merkel gab sich optimistisch, was die Einigungschancen betrifft, aber wortkarg, sobald sie konkreter werden sollte. Als sie bei einer Pressekonferenz zu möglichen Zugeständnissen an die Sozialdemokraten gefragt wurde, reagierte Merkel ironisch: „Das ist hier ein super Ort, um das mal auszubreiten.“

Stoiber sagte in München, die Sondierungsgespräche hätten gezeigt, „dass es einen gemeinsamen Willen gibt, die Probleme des Landes anzupacken“. Neben einer Föderalismusreform müsse man die Sanierung der öffentlichen Haushalte in Angriff nehmen. Seine Sorge um die Finanzbelange habe aber nichts mit Begehrlichkeiten für das entsprechende Ressort zu tun: „Bitte schließen sie nicht vom Problem auf eine Präferenz.“ Er höre „viele Empfehlungen zu vielen Positionen“, antwortete Stoiber auf Frage zu seiner Rolle. „Wenn es Sinn macht, werde ich mitgestalten.“