Umgangene Sparbeschlüsse

Über Jahre wurden alle „Zuwendungsempfänger“ in Bremen mit Kürzungen konfrontiert. Auch die Veranstaltungs-Gesellschaft „HVG“. Die durfte allerdings in den letzten drei Jahren neun Millionen Euro Eigenkapital aufbrauchen

Bremen taz ■ Bremen will Touristen anlocken und Kongressbesucher, und das kostet natürlich einiges. Denn Stadt- und Messehallen sind nirgends in der Republik kostendeckend zu betreiben – deshalb werden sie in staatlichen GmbHs betrieben. In Bremen ist das die HVG („Hanseatische Veranstaltungs-Gesellschaft“), die von der Rennbahn über das Musical-Theater bis zur Stadthalle Bremens große Veranstaltungszentren managt.

Auf welchen krummen Wegen die Staatszuschüsse zur HVG fließen, war gestern Thema im Haushaltsausschuss der Bürgerschaft. Denn aus dem Controlling-Bericht des Finanzsenators geht hervor, dass bei der HVG drei Millionen Verlust geplant sind – und ausgeglichen werden sollen durch Verzehr des Eigenkapitals. Im Unterschied zum Bremer Theater hat die HVG ein ansehnliches Eigenkapital – seit dem Jahr 2003. Am 28. März 2003 hatte der Haushaltsausschuss „zur Stärkung des Eigenkapitals“ der HVG insgesamt 9,2 Millionen Euro spendiert. Das Geld stammte aus „außerordentlichen Rückflüssen“ aus dem Vulkan-Insolvenzverfahren. Die HVG sei „deutlich unterkapitalisiert“ gewesen, heißt es in der Begründung damals, der Wirtschaftsprüfer habe das immer wieder moniert.

Das Vulkan-Geld durfte auch nicht schlicht im laufenden Haushalt verwendet werden: „Die Mittel sind wegen der investiven Finanzierung über Vermögensveräußerungen (…) vermögenswirksam einzusetzen“, heißt es in dem damaligen Beschlussvorschlag des Finanzsenators.

Mitte 2006 wird dieses Eigenkapital aber aufgefressen sein – Jahr für Jahr wurden Millionen aus dem Eigenkapital entnommen und zur Stopfung von Löchern in laufenden Etats verwendet. Und das begann schon im Jahre 2003 – ohne dass der Haushaltsausschuss damals aufgeklärt worden war.

„Der Zuschuss wurde über die allgemeinen 5-Prozent-Kürzungen hinaus überproportional gekürzt“, lobt sich das Wirtschaftsressort. In Wahrheit machte die HVG nach Haushaltsplan einige Millionen Euro Defizit. Der institutionelle Zuschuss wurde zwar von 2003 (5,5 Millionen) auf 2005 (3,9 Millionen) um genau 1,6 Millionen gekürzt, dafür durfte die HVG jährlich mehr als drei Millionen aus dem Eigenkapitel entnehmen. „Wenn das Bremer Theater so wirtschaften würde, dann würde laut Skandal geschrien“, sagt die grüne Finanzpolitikerin Karoline Linnert.

Solche Tricks sind von begrenzter Haltbarkeit – Mitte des Jahres 2006 ist das letzte Geld aus dem Vulkan-Konkurs weg und das Problem beginnt von neuem. Während in allen Bereichen gekürzt werden soll, wird bei der HVG wieder deutlich drauf gelegt. Die Zuschüsse sollen von 3,8 Millionen (2005) auf 4,8 Millionen (2006) steigen und in 2007, wenn kein Rest des Eigenkapitals mehr zur Verfügung steht, auf die alten 5,6 Millionen Euro aufgestockt werden, die es 2002 schon gab. Keine Spur also von fünfprozentiger Kürzung in diesem Bereich. Dennoch ist der Einschnitt hart im Vergleich zu den drei goldenen Jahren. „Es wird einige Tabubrüche geben müssen“, kündigt HVG-Chef Göbel an, „knallharten Leistungsverzicht“. Und die HVG, die für die Unterhaltung der Messe-Hallen rund um die Bürgerweide sorgen muss und dafür vom Senat nicht hinreichend finanziert wird, werde „brutal“ bei der Bauunterhaltung sparen müssen.

Das sind besonders intelligente Spardosen, die sich dann Jahre später brutal rächen. „Das Beispiel zeigt, wie desolat die Bremer Finanzpolitik agiert“, sagt Linnert. kawe