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Archiv-Artikel

Anfang, Ende und Neuanfang

POP Zur Nordic Wave Night im Flamingo stellt der Norweger Nils Bech seine melancholische, intelligente und poetische Musik vor

Biennale in Venedig, PS1 in New York, Frieze Foundation in London. Das sind nur einige Stationen des Sängers Nils Bech. Der Norweger vermischt Kunst, Tanz und Pop – und ist damit einer der faszinierendsten Künstler aus Skandinavien.

Gern wird nach Norden geschaut – vor allem nach Dänemark und Schweden. Das sind die Länder der Möglichkeiten: alles schön, alles innovativ. Mode, Design und halt auch Musik. Doch neben Stockholm und Kopenhagen hat Skandinavien mehr zu bieten. Und neben Robyn und Lykke Li auch mehr Musikalisches.

Nordic by Nature aus Berlin sind Promoter skandinavischer Musik. Während Lykke Li und Robyn längst wohlverdient im Mainstream angekommen sind, spürt das Duo von Nordic by Nature die Unbekannten auf, die Interessanten, die Innovativen. Zu diesen zählt Nils Bech, der in Berlin im Flamingo auftritt. Das passt perfekt zur melancholischen, düsteren Musik, die man auch auf seinem zweiten Album hören kann. Bech lotet am Computer die Grenze zwischen Klassik und Pop aus, schwingt zwischen klassischem Singer/Songwriter-Langsamkeit und Upbeat hin und her. „Look Inside“ ist ein Album, das nur in einer Einheit funktioniert, das eine Geschichte von Anfang, Ende und Neuanfang erzählt und dabei das Modell Beziehung ergründet. Vom ersten Kontakt („Tie Me Up“), zur Beziehung („Breaking Patterns Part 1“), zum leidvollen Ende („A Sudden Sickness“) bis zum Treffen mit einer neuen Person („I Say This Twice“).

Bech exploriert die Liebe, erkundet sie mit all ihren Abgründen und in all ihrer Schönheit. Seine Texte sind wahr, intelligent, minimalistisch. Es wirkt nicht kitschig, wenn er in „When You Looked at Me“ die Zeile singt: „Can you take away this feeling of not being good enough? So I drink to get numb, I drink to open up, trying to take away this feeling of not being good enough“.

Wahre Poesie auch das Video zu „When You Loooked at Me“. Bech arbeitete mit der Fotografin Tove Sivertsen und dem Balletttänzer Silas Henriksen vom Niederländischen Tanztheater. Henriksen tanzt gemeinsam mit anderen Tänzerinnen und Tänzern seine eigene Choreografie. Sein Körper und die Textzeilen verschmelzen zu einer Einheit. Später gegen Ende des Videos läuft er splitternackt durch die norwegische Oper. Er verkörpert den inneren Konflikt, den Bech in seinen Texten ausspricht. Unsicherheit, Erwartungen, der fremde und doch vertraute Blick.

Von Nils Bech weiß man nicht viel. Er ist 1981 in Oslo geboren. Für sein zweites Album, „Look Inside“, hat er mit Ole Henrik Moe zusammengearbeitet, der einen großen Teil der Streicherarrangements beigesteuert hat und der zu den wichtigsten norwegischen Klassikkomponisten gehört. „Ich wollte ein Album aufnehmen, in dem Genres aufeinandertreffen, die sich eher wie Gegensätze anfühlen, mir aber gleichermaßen viel bedeuten“, sagt Bech. Das ist ihm gelungen. Er definiert die verschiedenen Genres und Formen neu – Tanz, Kunst, Musik. Das gilt es heute Nacht auf der Bühne bei der Norwegian Wave Night von Nordic by Nature mit der Kraft seiner ganzen Performance zu entdecken. ENRICO IPPOLITO

■ Norwegian Wave Night mit Nils Bech, Flamingo, 23 Uhr