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Archiv-Artikel

Kuhn lässt die Grünen brodeln

Staatssekretär Berninger kritisiert neuen Fraktionschef: „So plump gehen nicht einmal die anderen Parteien mit der Generationenfrage um.“ Grüne Jugend widerspricht

BERLIN taz ■ Kaum im Amt, hat der neue Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn auch schon die innerparteiliche Diskussion zwischen Jung und Alt belebt. Der bisherige Staatssekretär im Verbraucherministerium Matthias Berninger kritisierte Kuhns Äußerungen im taz-Interview vom Freitag scharf. „Das ist eine Tonlage, mit der sich Fritz Kuhn keinen Gefallen tut. So plump wird heute nicht mal mehr in den anderen Parteien mit der Generationenfrage umgegangen“, sagte Berninger (34). „Innerhalb der Bundestagsfraktion brodelt es wohl heftig“, stellte der frühere schleswig-holsteinische Umweltminister und jetzige Landtagsabgeordnete Klaus Müller (34) fest.

Kuhn (50) hatte erklärt: „Natürlich will ich, dass die jungen Leute bei uns schnell was werden – aber nur mit inhaltlichen Leistungen.“ Eine andere Geburtsurkunde reiche nicht. Die Jungen müssten klar machen, welche Erfahrungen sie zusätzlich einbrächten: „Bisher liegt dazu bloß das besondere Bewusstsein für demografische Probleme auf dem Tisch“, bemängelte der Chef.

Berninger, der bei der Neuwahl des parlamentarischen Geschäftsführers gegen Volker Beck (44) verlor, wehrt sich: „Ich lasse mir – auch mit Blick auf meine Arbeit im Verbraucherschutzministerium – vieles vorwerfen, aber nicht, dass ich Inhalte nicht vorangetrieben hätte.“ Schon 1999 habe er etwa angeregt, dass sich die Grünen um Familienpolitik kümmern müssten. „Dafür bin ich damals fast hingerichtet worden.“ Inzwischen sieht sich Berninger bestätigt: Für kaum eine Aussage habe Joschka Fischer im Wahlkampf so viel Beifall bekommen wie für seine Forderung nach einem Betreuungsangebot für Kinder. Der hessische Grünen-Chef verwies zudem darauf, dass am Grundsatzprogramm und am Wahlprogramm der Partei federführend Grüne um die 30 beteiligt waren. „Die Jungen brauchen sich also überhaupt nicht zu verstecken.“

Das tut auch Stephan Schilling (22) nicht. Der Sprecher der Grünen Jugend wollte in den Bundestag, bekam aber keinen ausreichenden Listenplatz. Trotzdem findet er Kuhns Äußerungen „relativ vernünftig“. Die jüngeren Bundestagsabgeordneten hätten sich „tatsächlich vor allem mit dem Thema Generationengerechtigkeit profiliert“. Dabei habe es „oft eine Verengung auf Schuldenabbau“ gegeben. Die grüne Jugend treibe andere Themen voran: den Umgang mit der Globalisierung und neuen Medien etwa sowie das Projekt Bürgerversicherung.

Für Müller ist es „zu früh zu sagen, dass die Jüngeren nicht ausreichend repräsentiert sind“. Dies werde sich bei der Wahl der Fraktionsvizes zeigen. „Ob so ein Interview da integrativ wirkt oder eher Öl ins Feuer gießt, sollten die in Berlin unter sich ausmachen.“ LUKAS WALLRAFF