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Archiv-Artikel

NRW blockt Fusion

Mächtiger Landessportbund Nordrhein-Westfalen hat Bedenken gegen die Mega-Fusion im deutschen Sport

DÜSSELDORF taz ■ NRW-Landesregierung und Landessportbund (LSB) werben derzeit für mehr Bewegung. Mit Großplakaten und in Anzeigenserien sollen die BürgerInnen animiert werden, den „inneren Schweinehund“ zu überwinden. Anders als in der Fitness-Kampagne zeigt der LSB bei der Reformdebatte im deutschen Sport derzeit eher wenig Bewegung. Wie die anderen Landessportverbände steht der LSB-NRW der geplanten Fusion von Nationalem Olympischen Komitee (NOK) und Deutschem Sportbund (DSB) skeptisch gegenüber.

„Kann es der Entwicklung des Sports in Deutschland förderlich sein, wenn eine Minderheit unter dem einseitigen Aspekt der Förderung des olympischen Hochleistungssports a priori die Willensbildung und Entscheidungsfindung dominiert?“, fragt Walter Schneeloch, LSB-Landesvorsitzender. In allen Fragen des Schulsports, des Gesundheitssports, der Integration, bis hin zur kommunalen Sportförderung wollen die Landessportbünde mehr Mitspracherecht und Entscheidungsgewalt. „Straffung der Strukturen in der Leistungssportförderung, ja. Einführung eines totalen, gar von außen gesteuerten Zentralismus in allen Fragen der Sportentwicklung, nein“, sagt Schneeloch.

Seit dem suboptimalen Abschneiden bei Olympia 2004 in Athen debattieren Deutschlands Sportpolitiker darüber, das Verbandsdurcheinander zwischen dem exklusiven, aber relativ machtlosen NOK und dem Fördermittelempfänger DSB zu beseitigen. Um dem international nicht mehr ganz wettbewerbsfähigen Leistungssport auf die Beine zu helfen, soll ein strafferer Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) geschaffen werden. Am 10. Dezember steht die Verschmelzung in Köln auf getrennten Versammlungen von DSB und NOK zur Abstimmung.

Am kommenden Wochenende wollen die Landessportverbände in Mainz aber erstmal ihre gemeinsame Haltung zu der Reform abstimmen. Die LSB-Front kämpf besonders für eine angemessene Vertretung in den neuen Entscheidungsgremien. Schon sehen einige Verantwortliche die traditionell föderale Struktur des deutschen Sports in Gefahr. „Man müsste mehr über Strukturen und Aufgaben nachdenken, statt über Personen und Fusionen, etwa des Nationalen Olympischen Komitees und des Deutschen Sportbundes“, hatte der damalige LSB-Vize Johannes Eulering schon vor einem Jahr im taz-Interview gesagt.

Wie meistens im Sport geht es auch auf Landesebene um Posten und Finanzen. Der LSB mit seinen 54 Stadt- und Kreissportbünde als selbständige Untergliederungen, mit rund fünf Millionen Mitgliedern, 550.000 Ehrenamtlichen sowie 250 hauptberufliche MitarbeiterInnen, verwaltet immerhin einen Gesamthaushalt von rund 48 Millionen Euro. Der Etat setzt sich unter anderem aus Mitgliedsbeiträgen und zweckgebundenen Landesmitteln in Höhe von rund 10 Millionen Euro zusammen.

Die Landespolitik hält sich aus dem Sportstreit heraus. „Die Landesregierung hat zwei Beschlüsse der Sportministerkonferenz mitgetragen, in denen die Absicht von DSB und NOK, eine Neuorganisation des deutschen Sports anzustreben, begrüßt wird“, sagt NRW-Sportminister Ingo Wolf (FDP). Allerdings sei diese Aufgabe in erster Linie eine „Angelegenheit der autonomen Sportorganisationen“, so Wolf.

„Es ist sicherlich sinnvoll, die Kräfte im Sport zu bündeln“, sagt Christopf Rasche, sportpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Auch CDU-Sportpolitiker Holger Müller plädiert für eine „klare Ordnung“ im Sport. Allerdings sei es nicht Sache der Politik, dem Landessportbund Ratschläge zu erteilen. Michael Vesper, Ex-Landessportminister und nun sportpolitischer Sprecher der Grünen, hatte sich bereits zu Ministerzeiten für die Fusion ausgesprochen: „Der deutsche Sport muss im Kampf um Ressourcen, um Aufmerksamkeit und um Anerkennung mit einer Stimme sprechen.“

MARTIN TEIGELER