: Der Witz funktioniert nicht nur einmal
LEERGUTMUSIK Pop mit Plopp. Das Berliner GlasBlasSing Quintett bläst in Flaschen und füllt damit in ganz Deutschland die Hallen
Klingt nach einer Kneipenidee. Bierflaschen öffnen, Bierflaschen austrinken, auf Bierflaschen Musik machen. Ein paar ansonsten eher weniger erfolgreichen Musikern hat der Einfall, der eigentlich nur von einem Tresen fallen konnte, eine Existenz beschert: Mit seinem Instrumentarium aus dem Getränkemarkt bespielt das GlasBlasSing Quintett mittlerweile große Bühnen, hat einen ganzen Sack Kleinkunstpreise abgeräumt und es damit sogar bis zu „Wetten, dass ..?“ geschafft.
Tatsächlich aber fand sich das Quintett nicht in der Kneipe, sondern bei einem Jugendmusical. Seit 2002 blasen David Möhring, Andreas Lubert, Jens Tangermann, Frank Wegner und sein Bruder Jörg auf Flaschen verschiedener Formen und Farben. Bis zu sechs auf verschiedene Tonhöhen gestimmte Bierflaschen kann jeder Musikant in seinen Händen halten. Darauf spielen sie auch ein paar selbst geschriebene Lieder und pfeifen sich dann quer durch die Popgeschichte, vor allem das Repertoire von Elvis hat es dem GlasBlasSing Quintett angetan. Was aber das Erstaunlichste ist: Der Witz funktioniert nicht nur einmal, sondern durchaus in abendfüllender Länge.
Das liegt vor allem daran, dass die fünf Berliner auch ohne Flaschen versierte Musiker und Sänger sind, die in den vergangenen zehn Jahren ihre Kunstfertigkeit so verfeinert haben, dass sie ihr umfangreiches Leerflaschenarsenal mittlerweile wirklich wie ein vollwertiges Instrument handhaben können. Zusätzlich zum freihändigen Spiel haben sie außerdem ein Schlagzeug aus riesigen leeren Wasserspendern entwickelt, ein Xylofon aus Magenbitter-Fläschchen, Kronkorken-Kastagnetten und das sogenannte Plopp-Tablett. Auf dem sind klassische bauchige Schulle-Flaschen so arretiert, dass sie den eigentlich totgedudelten „Türkischen Marsch“ von Mozart noch mal zum Leben erwecken können – allein mit den Ploppgeräuschen, die entstehen, wenn man einen Daumen in den Flaschenhals steckt und wieder herauszieht.
Konkurrenz an der Flasche
Mit solchen Ideen steht das Quintett längst nicht mehr allein. In Polen versucht The Bottle Band Vergleichbares, in Australien die St. Luke’s Bottle Band, und aus Dänemark kommen mit Flaskedrengene und Inflastikas sogar zwei Formationen. Selbst hierzulande entsteht nun Flaschenbläser-Konkurrenz: The Botteles sind im Schwäbischen zu Hause. Sie haben bei den GlasBlasSing-Pionieren hospitiert.
Vorerst allerdings sind die Originale noch erfolgreicher. Die Bottle-Boyband füllt problemlos die Stadthallen in der deutschen Provinz. Und gönnt sich in Berlin regelmäßig Auftritte im klitzekleinen Zebrano-Theater in Friedrichshain, in dem man einst begonnen hat.
Der Erfolg gründet allerdings nicht allein auf den musikalischen Qualitäten. Die Songs von „My Sharona“ über „Don’t Worry Be Happy“ bis zu „Viva Las Vegas“, eines der vielen Elvis-Cover, werden eingebaut in Programme, die sie „Liedgut auf Leergut“ oder „Keine Macht den Dosen“ nennen. Mittlerweile sind die fünf lange genug im Geschäft, um mit einer Best-of-Nummernrevue auf Tour zu gehen. Auch die ist vollständig durchchoreografiert. Das beginnt mit den verschiedenfarbigen, aber durchweg grellen Hemden und endet noch lange nicht mit der Rollenverteilung vom schmierigen Vorsänger über den frechen Kleinen bis zum intellektuell geforderten Lockenkopf.
Mit den bisweilen dann doch vorhersehbaren Ansagen und Dialogen, die ihren Witz vornehmlich aus der Herkunft des Klangkörpers beziehen, besetzt das GlasBlasSing Quintett die Nische Musik-Comedy. Was eigentlich gar nicht not täte: Denn was die fünf mit ihren Flaschen veranstalten, das ist ganz und gar nicht lachhaft.
THOMAS WINKLER
■ Die „Weihnachtsshow“ des GlasBlasSing Quintetts findet am Mittwoch, 12. Dezember, 20 Uhr, im Gotischen Saal der Zitadelle Spandau statt. Weitere Konzerte am 17., 18. und 19. 12. im Zebrano-Theater