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Archiv-Artikel

„Die WASG kritisiert immer“

Klaus Lederer, 31, wird Landesvorsitzender der Linkspartei. Das Mitglied des Abgeordnetenhauses will sich mit der Wahlalternative einigen, Reiche stärker belasten – und erst mal zu Ende studieren

INTERVIEW MATTHIAS LOHRE

taz: Herr Lederer, Anfang Dezember werden die Linkspartei-Mitglieder Sie zum Landesvorsitzenden wählen. Haben Sie für den Job überhaupt Zeit? Im kommenden Jahr steht Ihr zweites Staatsexamen an.

Klaus Lederer: Meine schriftlichen Jura-Prüfungen habe ich schon hinter mir, nur die mündliche steht noch aus. Wenn alles gut geht, bin ich ab Februar kein Rechtsreferendar mehr. Das wird schon klappen.

Sie sind 31 Jahre alt, Noch-Landeschef Stefan Liebich ist nur ein Jahr älter. Ein Generationenwechsel ist das nicht. Was werden Sie anders machen?

Stefan Liebich und ich, wir beide schwimmen auf einer politischen Welle und verstehen uns auch sonst gut. Mit spektakulären Bekanntmachungen über einen neuen Kurs kann ich also nicht dienen. Aber natürlich ist es schon etwas anderes, wenn zwei Menschen die zwei Ämter von Fraktions- und Landes-Vorsitz ausfüllen – anstatt bislang Stefan Liebich in Personalunion. Ich werde mehr Zeit haben, in den Parteiorganisationen unterwegs zu sein, als er.

Sie haben noch einen Vorteil: Anders als Liebich haben Sie die Wahlalternative nicht als „Gurkentruppe“ bezeichnet.

Vor Kritik seitens der WASG hat mich das aber nicht geschützt. Irgendein Teil der Wahlalternative wird den Vorsitzenden der Linkspartei immer kritisieren. Und zwar weniger wegen bestimmter Äußerungen, sondern weil dieser Mensch diesen Posten innehat. Das wird auch mich treffen.

Aus der Vereinigung von WASG und Linkspartei wird es vor der Abgeordnetenhaus-Wahl im September 2006 wohl nichts mehr werden. Wie wollen Sie vermeiden, dass Ihnen Teile der WASG die Vereinigung vermasseln?

Die Zukunft kann ich nicht vorhersagen. Wir arbeiten daran, Brücken zur WASG zu bauen. Auch wenn das dort manche Teile als „Eindämmungsstrategie“ verstehen werden.

Diese Brücken müssen einen breiten Graben überwinden. Noch immer stehen WASG-Forderungen im Raum, Hartz IV rückgängig zu machen und am besten gleich die Koalition mit der SPD aufzukündigen.

Auf Bundesebene hört man schon andere WASG-Stimmen: Deren Sprecher Klaus Ernst zeigt öffentlich Verständnis für unpopuläre Regierungsentscheidungen. Etwa wenn man vor der Alternative „Lohnkürzungen oder Stellenabbau“ steht. Das zeigt mir, dass die Wahlalternative sich nicht in allen Äußerungen einig ist.

Vertreter der Bundesebene beider Parteien werden bei den Vereinigungsverhandlungen dabei sein. Der Druck ist hoch. Die gemeinsame Bundestagsfraktion will keinen Ärger im Berliner Hinterhof.

Es geht um eine Fusion der Bundesverbände. Sie haben das Heft in der Hand. Da ist es selbstverständlich, dass sie bei der Berliner Vereinigung dabei sind. Allzu viel Druck würde bei Teilen der WASG auch nur zu Gegenreaktionen führen. Den Erwartungsdruck der Öffentlichkeit halte ich für höher.

Bei allem Entgegenkommen gegenüber der WASG: Viele soziale Wohltaten werden Sie in Berlin auch in den kommenden Jahren nicht verteilen können.

Die Spielräume sind eng, keine Frage. Deshalb müssen wir noch mehr auf Umverteilung setzen. Lasten müssen mehr von denen getragen werden, die es sich leisten können.

Ein Beispiel?

Die Kita-Erziehung. Wir wollen allen, denen diese Versorgung wichtig ist, ermöglichen, dass ihre Kinder sie bekommen. Sie darf nicht daran scheitern, dass Eltern sie nicht bezahlen können.