LeserInnenbriefe
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Zustimmung

betr.: „Die falschen Lehren aus Bengasi“, taz vom15. 9. 16

Ihrer Analyse stimme ich absolut zu. Festzuhalten bleibt, wie wenig nachvollziehbar politische Begründungen für militärisches Eingreifen beziehungsweise Nichteingreifen sein können. Insbesondere die Befürchtung, in Syrien könnte ein „zweites Libyen“ entstehen, ist angesichts der Verhältnisse absurd. Man könnte die Argumentation genauso gut umkehren: Wäre das Eingreifen des Westens in Libyen nicht erfolgt, hätten wir dort jetzt ein „zweites Syrien“, also eine kräftemäßige Pattsituation zwischen Rebellen und Machthaber, um den Preis eines endlosen Krieges, der das ganze Land zugrunde richtet und die Bevölkerung zur Flucht ins Ausland treibt. Das Chaos, das jetzt in Libyen herrscht, ist ein höchst unerfreulicher Zustand, aber nichts gegen das Elend und die ausweglose Situation in Syrien.

HARTMUT GRAF, Hamburg

Umsteigen

betr.: „Stuttgart 21. Auftakt mit B-Mannschaft“, taz vom 16. 9. 16

Es ist für mich nach wie vor völlig unverständlich und unfassbar, dass solch ein einzigartiges, erhabenes, majestätisches und repräsentatives Gebäude, das andere Großstädte gern als Ankunftsort und Visitenkarte hätten, für ein verkehrsplanerisch unnötiges und unsinniges Projekt amputiert werden konnte. Das alles wird legitimiert mit einer Verbesserung der heute vorzüglich funktionierenden Bahnhofsanlage und legitimiert mit einer Volksabstimmung, bei der unter anderem auch Bürgerinnen aus dem Hochschwarzwald oder aus dem Kraichgau, unter der falschen Prämisse, der damals schon absehbar nicht haltbaren Kostenangaben, abstimmen durften. Für sechs Minuten Fahrzeitgewinn durch den Durchgangsbahnhof viele Milliarden Euro auszugeben und dafür eine voll funktionsfähige, umsteigefreundliche und vor allem optimal behindertengerechte Bahnhofsanlage zu zerstören, ist alles andere als ein Zukunftsprojekt.

Für die dort sinnlos verbuddelten Milliarden hätte man zum Beispiel die komplette Rheineisenbahnstrecke für viele tausende Menschen leiser machen können, die jeden Tag davon profitiert hätten. Es ist für mich, der ich während meiner ersten Studienjahre täglich das wunderbare, zeitlose Bahnhofsgebäude nutzen durfte, nur ein sehr schwacher Trost, dass wenigstens die grünen Volksvertreter und Verkehrsminister Dobrindt – völlig zu Recht – der Grundsteinlegung fernblieben und dieses Milliardengrab „Unsinn 21“ nicht auch noch durch ihre Anwesenheit aufgewertet und nachträglich legitimiert haben.

Noch wäre es Zeit, auf das vor Kurzem von einer Planergruppe vorgelegte alternative Konzept umzusteigen. Man muss nur wollen. RAINER WIDMANN, Wuppertal

Verbale Beißhemmung

betr.: „Ein nationales Volksfest“, taz vom 17. 9. 16

Mich ärgert in der meist präzisen und ausführlichen Berichterstattung über Nationalismus bei uns und anderswo immer wieder die Verwendung des Begriffs „national“ statt „nationalistisch“, erst recht in steifen Komposita wie „rechtsnational“. Warum diese verbale Beißhemmung? Das Adjektiv zu „Natio­nalismus“ ist „nationalistisch“. „National“ ist das Adjektiv zu „Nation“ (zum Beispiel „Nationalökonomie“, „nationale Identifikationsnummer“ und so weiter).

Wenn die taz nationalistische Parteien, Politiker und Ideologien „national“ nennt, übernimmt sie unbewusst deren Propaganda! Alle Nationalisten nennen sich selbst „national“ (zum Beispiel „NPD. Die Nationalen“), weil sich das nett und harmlos anhört! Der erste Schritt zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit AfD, CSU et cetera besteht darin, begrifflich präzise die Dinge beim Namen zu nennen und zu differenzieren, zum Beispiel zwischen patriotischen Argumenten, die sich mit dem „Eigenen“ identifizieren, aber niemanden herabsetzen, und nationalistischen, die eine Höherwertigkeit des „Eigenen“ behaupten. Oder zwischen politischem Nationalismus, der eine Verfassung, ein politisches oder Wertesystem für höherwertig hält, und ethnischem (völkischem) Nationalismus, der Nationen „angeborene“ (essenzielle) Unterschiede zuschreibt. CHRISTIAN JANSEN, Trier

Lange Nacht

betr.: „Mit Pop an die Regierung“, taz vom 19. 9. 16

Es war für euch alle eine lange Nacht, oder? Anders sind gleich zwei Fehler in eurem Artikel über Ramona Pop kaum zu erklären. Zum einen waren die Grünen nicht 1990, sondern 2001 zuletzt an der Regierung beteiligt (auch mit richtigen Koalitionsvertrag und so). Justizsenator war damals Wolfgang Wieland. Und zum anderen reichte es leider nicht dreimal, sondern nur zweimal für Rot-Grün (2006 und 2011). 2001 reichte es nicht, deshalb kam es ja zu Rot-Rot. Aber ist ja irgendwie auch egal. Jetzt kommt Rot-Rot-Grün, und das ist auch gut so. HELGE LIMBURG, Hannover