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Archiv-Artikel

Definitiv kein Wetter zum Zelten

PROTEST Die Flüchtlinge vom Oranienplatz dürfen vorerst im besetzten Schulgebäude bleiben – so der Beschluss des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg. Verstecken wollen sich die Protestierenden nicht

Als die Entscheidung des Bezirksamts endlich feststeht, gibt es kein Halten mehr. Viele der Flüchtlinge und Aktivisten, die am Dienstag vor der Rathauspassage in der Frankfurter Allee demonstrieren, sind seit Stunden auf den Beinen. Vom Camp auf dem Kreuzberger Oranienplatz sind sie gekommen, um die Stadträte von Friedrichshain-Kreuzberg musikalisch anzufeuern. Als gegen halb zwei klar ist, dass die Besetzung der Gerhart-Hauptmann-Schule am Görlitzer Park vorerst Bestand hat, bilden sie einen Kreis und tanzen gegen die Kälte an, was das Zeug hält. Im Laden nebenan bekommen währenddessen zwei Frauen die Nägel gemacht.

Es gehe um Kältehilfe für 50 bis 80 Personen, sagt Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) der taz. „Das ist kein Wetter zum Zelten. Wir sind verpflichtet zu helfen.“ Die Flüchtlinge, die seit anderthalb Monaten auf dem Oranienplatz in Zelten ausharren, dürfen jetzt bis Ende März in der beheizten Schule bleiben, die sie am Samstag besetzt haben. Im Camp waren die Bedingungen zuletzt beschwerlich: „Wir brauchten eine Unterkunft zum Schlafen, um weitermachen zu können“, sagt der 33-jährige Mohammed, Flüchtling aus dem Sudan. „Man sagt, dass es bis zu minus 20 Grad kalt wird.“ Kinder im Camp seien krank.

Von der Schule aus wollen die Flüchtlinge mit ihren Unterstützern das weitere Vorgehen organisieren. Gänzlich zurückziehen werden sie sich nicht – sie wollen nicht riskieren, aus der Öffentlichkeit zu verschwinden. Auf dem Oranienplatz soll deshalb der Protest weitergehen: „We will never give up Oranienplatz. It’s our historical center“, ruft der 33-jährige Patras Buansi aus Uganda den anderen zu. Nach der Entscheidung des Bezirksamts machten sie sich für eine Kundgebung dorthin zurück auf den Weg. Auch am Brandenburger Tor zeigen sie nach wie vor Präsenz.

Aber nicht nur die Flüchtlinge befinden sich in der Schule, sondern auch eine Gruppe von Aktivisten, die im Pavillonbau daneben nun ein soziales Zentrum eröffnen will. Das will Schulz nicht akzeptieren: „Ich finde nicht gut, dass eine Gruppe die Räume an sich reißt.“ Derzeit laufe ein Interessenbekundungsverfahren für das ungenutzte Gebäude, das künftig als soziales Projekthaus genutzt werden soll. „Wir wollen, dass die Gruppe sich daran ganz normal beteiligt“, so Schulz.

MARTIN RANK