: Dank sei dem Kredit
Ein Ex-Langzeitstudent plädiert für Studienkredite – weil ihm dank des Geldes genügend Zeit fürs Examen blieb
Liebe Studentinnen und Studenten, ich habe mit Hilfe der bereits bestehenden Form des Bildungskredits mein (langes, langes, langes) Studium (11 Semester FH und viele mehr an diversen Unis) beendet. Seit zwei Jahren nun bin ich freiberuflich, aber durchaus erfolgreich, auf dem Arbeitsmarkt aktiv. Ich bin der KfW-Bankengruppe und der Politik sehr dankbar, dass sie diese Möglichkeit der Studienfinanzierung geschaffen haben. Auch wenn es jetzt arg wehtut, die ersten Raten (120,–/Monat) für die 7.200,– Euro Kredit + 700,– Euro aufgelaufene Zinsen zu zahlen.
Ich kann diejenigen verstehen, die hinter dem Bildungskredit das Einfallstor für Studiengebühren vermuten. Aber ich merke an dieser Stelle auch an, dass ich mein Langzeitstudium erst so richtig ernst genommen habe, als es mir über den Kredit so richtig lieb und teuer wurde. Insofern ist die Kritik, dass gerade Langzeitstudenten keinen Zugriff auf den neuen Bildungskredit haben sollen, mehr als berechtigt. Mich hat der Bildungskredit nach dem Vordiplom aus dem Teufelskreis „Immer mehr arbeiten, immer weniger studieren, immer weniger Abschlusschancen“ herausgeholt. Selbst vielen Langzeitstudierenden, die wie ich bei Daimler in Bremen vergleichsweise gut bezahlte Allzeit-bereit-Kräfte waren, ging es ähnlich.
Es gibt im Detail eine Menge am Bildungskredit zu kritteln. Doch sollten diejenigen, die den Kredit in Bausch und Bogen verwerfen, von ihrem hohen Ross herunterkommen. Denn man baut sich – bildlich gesprochen – mit dem Studium das Haus seines Lebens. Der Bildungskredit gibt einem die Möglichkeit, das in Ruhe zu tun – und wie beim Hausbau sonst auch, den gewährten Kredit zurückzuzahlen. In Zeiten, in denen es für alle knapp wird, kann den leistungsfähigen Menschen in diesem Land – und das sind Studenten in der Regel – ein solcher Beitrag für ihr Bildungsprivileg abverlangt werden. Zumal der Kredit ja nur in den Zeiten zurückgezahlt werden muss, in denen man auch zahlen kann.
In meinem Erleben war der Bildungskredit eine der wichtigsten rot-grünen Reformen. Während man von bürgerlicher Seite immer nur als Langzeitstudent bekämpft und beschimpft wurde, gab es plötzlich einen anderen Ansatz: Hilfe zur Selbsthilfe – wenn auch nur gegen Zins und Tilgung.
MARKUS OTTEN, BREMEN