: „Ich sitze auf zwei Stühlen“
DISKUSSION Bürgerschafts-Abgeordnete sprechen über ihre Erfahrung als „Migrantin in der Politik“
■ 45, Biologin, seit 2011 für die SPD in der Bürgerschaft. Mit 4 Jahren kam sie nach Deutschland und ist seit 1991 Staatsbürgerin.
taz: Frau Aytas, was spielt eine größere Rolle, Ihr Migrationshintergrund oder als Frau in der Politik zu sein?
Ruken Aytas: Ich habe mich immer gefragt: Bin ich erst eine Frau oder erst eine Kurdin. Als Frau und Migrantin in die Bürgerschaft zu kommen, ist schwieriger. Das habe ich bei den letzten Wahlen wahrgenommen.
Was sind die Schwierigkeiten?
Frauen werden viele Aufgaben nicht anvertraut oder zugetraut. Ich erlebe das in allen Bereichen, dass ihnen weniger Möglichkeit gegeben wird, ihre Kompetenzen nachzuweisen. Frauen sind teilweise verunsichert, auch durch die Mehrzahl von dominanten Männern.
Und bezogen auf Ihren Migrationshintergrund?
Ich habe es immer nur zusammen wahrgenommen. Aber wenn Menschen mit mir reden, sehen sie mich eher als Migrantin, denn als Frau. Migrantinnen sind noch nicht so verbreitet. Wir sind das einzige Bundesland mit über zehn Abgeordneten mit Migrationshintergrund.
Gibt es Fragen, wo Sie sich mit MigrantInnen anderer Fraktionen stärker einig sind als mit SPD-Genossen?
Nein. In den Fraktionen sind wir uns nicht immer einig und auch wir Migranten sind unterschiedlicher Meinung.
In der Debatte um Zuwanderung oder Flüchtlinge, spielt ein Migrationshintergrund bei der Bewertung keine Rolle?
Darauf beziehe ich mich als Mensch, nicht als Migrantin. Dadurch, dass ich diese Erfahrung habe, kann ich es besser nachvollziehen und es ist meine Pflicht, dies anderen nahezubringen und sie zu überzeugen. So geht das aber bei allen Themen.
In Niedersachsen schlägt die SPD Doris Schröder-Köpf als Integrationsbeauftragte vor …
Ich sitze in der Fragestellung auf zwei Stühlen. Sinnvoll wäre jemand mit Migrationshintergrund, für mich ist die Qualifikation der Person aber auch wichtig. Das habe ich so auch vertreten, als Silke Harth in Bremen Ausländerbeauftragte wurde. Interview: JPB
18 Uhr, Kulturzentrum Lagerhaus