KAI SCHÖNEBERG ÜBER DAS VERFAHREN GEGEN DIE DEUTSCHE BANK
: Kultur des Absahnens

Wie ist das mit der angeblich neuen Konzernkultur bei Deutschlands größtem Bankhaus? Angetreten waren Anshu Jain und Jürgen Fitschen, die neuen Chefs der Deutschen Bank, unter dem Motto: „Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim.“ Nun zeigt sich erneut, dass das Labern von der Moral nur ein neuer Werbeclaim war.

Die Deutsche Bank handelt auch unter ihren neuen Chefs offenbar nach der Devise: „Nicht alles, was legal ist, steigert auch die Rendite. Ist uns aber egal.“ Den einst so mächtigen Bankern wird dieser graue Dezember sechs Monate nach dem Abgang ihres langjährigen Vorstandschefs Josef Ackermann lange in Erinnerung bleiben: 500 Beamte filzten am Mittwoch ihre Büros in ganz Deutschland wie bei einer Rauschgiftbande.

In der Causa wird gegen 25 Beschäftigte ermittelt, fünf wurden jetzt dem Haftrichter vorgeführt. Die Justiz hegt zudem den Verdacht der systematischen Steuerhinterziehung. Die Vorwürfe reichen bis ins Jahr 2009 zurück. Auch von Geldwäsche ist die Rede. Angeblicher Schaden für den Fiskus: 800 Millionen Euro.

Noch schlimmer: Diese Machenschaften haben Tradition. Der lange als Pate gefürchtete Exchef Ackermann hat in den sechs Jahren seiner Regentschaft ein System der Gier befördert, in dem Gesetze zu Hindernissen, ihre Übertretung zum Sport wurden.

Die Banker, hofiert von der Bundesregierung, haben mit einer Vielzahl von Verfahren und Vorwürfen zu kämpfen, die auf die Ära Ackermann zurückgehen. Alle paar Monate erblickt ein neuer Skandal das Licht der Öffentlichkeit. Weil Fitschen und Co. offenbar noch nicht begriffen haben, dass im fünften Jahr der Finanzkrise Schluss mit der Kultur des Absahnens ist, kommt nun der Haftrichter. Wahrscheinlich nicht zum letzten Mal. Die Deutsche Bank muss sich ändern. Sonst hat sie keine Zukunft mehr.

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