: Vom Schlag zum Schuss
„Kritik ist unsachlich und destruktiv“: Mit Schiffssammler Tamm und Kultursenatorin von Welck im künftigen Museumsstandort Kaispeicher B
von Petra Schellen
Mit einer geradezu anrührenden Häufung des Wortes „Transparenz“ haben Schiffssammler Peter Tamm und Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) einander gestern im Kaispeicher B überboten. Die Bauarbeiten schritten zügig voran, betonte Tamm, dessen Exponate – gefördert mit 30 Millionen Euro vom Senat – ab 2007 dort residieren sollen.
Kritiker der an Militaria reichen Sammlung seien willkommen – nur könne er jene nicht ertragen, die „destruktiv“ argumentierten. „Wir wollen Geschichte in ihrer wahren Form darstellen“, versicherte Tamm, ohne zu bedenken, dass die Wissenschaft das Phänomen tendenziöser Darstellung sehr wohl kennt. „Die Menschheitsgeschichte besteht nun mal aus Schlachten“, glaubt auch Geschäftsführerin Russalka Nikolov.
Markig klingen auch die Themen, denen sich die Abteilungen widmen sollen: „Vom Schlag zum Schuss“, „Sklavenhandel“, „Der Mensch als Teil des militärischen Systems“ lauten deren Motti. „Wissenschaftliche Redlichkeit“ sei einzige Maxime, betont derweil der Sammler. Titel wie „Holz schwimmt, Stahl auch“ oder „Harte Jungs, Fischer und Walfänger“ wirken jedoch eher schlicht und deuten auf ein Event- und Staun-Museum hin, das bei Militaria nicht so genau hinschaut und sich lieber unverbindlich in den Appell flüchtet, aus der Geschichte „zu lernen“. Doch was da zu lernen sei, erfuhr man nicht an diesem Morgen.
Dass allerdings der Beirat nur noch „Anmerkungen“ zum Konzept einer frisch gekürten Planungsgruppe machen soll, ist gänzlich neu: „Wir sind mit sehr banalen Vorbereitungen des Ausstellungsbetriebs befasst“, berichtete Elisabeth Kosok, Leiterin des Museums der Arbeit. Gemeinsam mit Gisela Jaacks (Museum für Hamburgische Geschichte) und Rainer-Maria Weiss (Helms Museum) zählt sie zu jenem viel beschworenen Gremium, dem auch Helmut Sander, Geschäftsführer des Museums für Kunst und Gewerbe, sowie Rüdiger Jörn, Referatsleiter in der Kulturbehörde, angehören.
Das eigentliche Konzept für das „Internationale Maritime Museum“ aber sollen andere erarbeiten: Hermann Schäfer, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte in Bonn, sein Ausstellungsleiter Jürgen Reiche sowie Holger von Neuhoff, der die Titanic-Schau in der Speicherstadt realisierte. Außerdem wurde der Architekt Jan Fiebelkorn-Drasen dazugebeten, der dem Haus der Geschichte eng verbunden ist. Bilder und Macht im 20. Jahrhundert hat er gestaltet – eine eher auf Aha-Effekte setzende Schau. Ein Prozedere, das in Tamms Sinn sein könnte: „Geschichte vermenschlichen“ will er in dem 11.500 Quadratmeter großen Museum; interaktiv einschalten soll man sich ins „Schlachtgetümmel vergangener Zeiten“, das ein Papier vom August 2004 beschwört.
Warum allerdings die Vorlage des fertigen Konzepts so oft verschoben wurde, verriet auch die Kultursenatorin nicht: „Januar ist früh genug.“ Und Hermann Schäfer, Beiratsmitglied auch der militärhistorischen Sammlung Dresden, reagiert gereizt, wenn er die Qualität der Tamm‘schen Sammlung spezifizieren soll. „Fragen Sie Frau Nikolov“, sagte er, nach marinekritischen Exponaten gefragt: „So gut kenne ich die Sammlung nicht.“
Unbesorgt pariert derweil Elisabeth Kosok Bedenken, das Museum werde etliche unkommentierte Militaria bergen: „Ich gehe davon aus, dass sich die Weltanschauung eines Sammlers nicht eins zu eins in einem öffentlichen Museum wiederfinden wird.“