: THEATER
TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Alles redet über Flucht und Geflüchtete. Vor ungefähr siebzig Jahren war das schon einmal so. So, aber auch ganz anders: Als am Ende des Zweiten Weltkriegs Millionen von Menschen ihre Heimat verlassen mussten, weil sie im Zuge der geopolitischen Neuordnung Osteuropas vertrieben oder umgesiedelt wurden, aus Konzentrationslagern entkommen und nun auf der Suche nach Überlebenden ihrer Familien waren. Menschen, die auf abenteuerlichen Wegen quer durch das zerstörte Europa unterwegs und auf der Suche nach Frieden, Sicherheit und einem neuen Zuhause waren.
Die niedersächsische Theatergruppe „Das letzte Kleinod“ hat für ihr neues dokumentarisches Theaterprojekt „Flucht – Ucieczka“ mit dem polnischen Theater Gdynia Główna zusammengearbeitet und Zeitzeugen in Deutschland, Polen und Russland gesucht – unter anderem in der ehemaligen ostpreußischen Stadt Königsberg, die heute Kaliningrad heißt und in Russland liegt. Normalerweise arbeitet die 1992 von Jens-Erwin Siemssen gegründete Gruppe im Kulturraum der Nordsee. Immer spielen die Stücke an sehr besonderen Orten, deren Geschichte(n) die Produktionen der Gruppe erzählen. Mal sind es entlegene Inseln im Wattenmeer, die militärisch genutzt wurden und nur mit dem Schiff erreichbar sind, mit dem dann auch die Zuschauer nur dorthin gelangen. In anderen Stücken sind es die Schiffe selbst, an deren Geschichte sich auch deutsche Geschichte erzählen lässt, deutsche Kolonialgeschichte zum Beispiel. Im letzten Jahr gehörte die ziemlich einzigartige Gruppe zu den Theatern, die den Theaterpreis des Bundes 2015 erhielten. Das neue Projekt nun spielt in vier Güterwaggons, eben solchen, mit denen Flüchtlinge nach 1945 deportiert oder umgesiedelt wurden. Diese Waggons fahren für dieses Theaterprojekt noch einmal eine Hauptfluchtstrecke der Jahre 1944/45 ab: von der polnischen Hafenstadt Gdynia (die ein Sammelbecken der Flüchtlinge aus Ostpreußen war und nach dessen Bahnhof sich das polnische Theater Gdynia Główna benannte) über Piła, Poznańund die Grenzstadt Frankfurt (Oder). Dort fand am 3. August in einer Lokwerkstatt der Deutschen Bahn die erste Vorstellung auf deutschem Boden statt.
Am 6. und 7. August macht der Zug in Berlin auf dem Bahnhof der Havelländischen Eisenbahn in der Schönwalder Allee 51 a im Bezirk Spandau Station – bevor er weiter über Lüneburg und Hannover nach Geestenseeth bei Bremerhaven fährt, wo die Gruppe „Das letzte Kleinod“ beheimatet ist (Das letzte Kleinod: „Flucht – Ucieczka“, 6. und 7. August, jeweils 19 und 20.30 Uhr. Alle Infos: www.das-letzte-kleinod.de).
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen