: Exkunden bekommen bald Geld zurück
Wer seine Lebensversicherung vorzeitig gekündigt hat, bekam bisher zu wenig Geld erstattet. Versicherer rechnen neu
BERLIN taz ■ Die Versicherungskonzerne sind gut beschäftigt: „Wir zählen“, hieß es gestern bei ihrem Gesamtverband GDV. Die Archive werden nach Lebensversicherungen durchstöbert, die zwischen 1994 und 2001 abgeschlossen und bereits wieder gekündigt wurden. Denn sie könnten von einem Urteil betroffen sein, das der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch gefällt hat.
Die Richter haben entschieden, dass Versicherte nicht völlig leer ausgehen dürfen, wenn sie ihre Kapitallebensversicherung vorzeitig kündigen. Dies kommt bisher häufig vor, weil die Konzerne „zillmern“, wie es in der Fachsprache heißt: Die Vermittlungsprovision wird von den Raten in den ersten beiden Jahren finanziert. Kündigt der Versicherte in dieser Zeit, dann erhielt er bisher von seinen Beiträgen nichts zurück. Das BGH legte nun fest, dass Versicherte mindestens die Hälfte des „ungezillmerten Deckungskapitals“ zurückerhalten müssen.
Das Gericht geht davon aus, dass „10 bis 15 Millionen Verträge betroffen“ sein könnten. Der GDV „kann noch gar nichts sagen“. So sei unklar, ob überhaupt alle Altverträge aufgehoben wurden, die gekündigt sind. Ebenfalls eine Frage: Müssen alle Exkunden angeschrieben werden – oder müssen sich die Exversicherten selbst melden, um einen höheren Rückkaufswert durchzusetzen? Der GDV richtet sich auf die teure Variante ein: Man glaube „nicht, dass allein auf Aufforderung gezahlt wird“.
Erste Annäherungswerte hat der GDV, welche Kundenkreise betroffen sein könnten: Es seien „vermutlich Verträge, die in den ersten beiden Jahren gekündigt wurden – und eine lange Laufzeit hatten“. Denn dort fallen besonders hohe Provisionen an, die bei einem vorzeitigen Vertragsende dennoch zu zahlen sind.
Der Ausstieg ist die Regel: Schon in den ersten zwei Jahren geben 20 Prozent der Versicherten wieder auf. Insgesamt werden 50 Prozent der Lebensversicherungen gekündigt, weitere 30 Prozent werden nicht bis zum Ende bedient. Das kann teuer kommen. Vor allem „ärmere und bildungsschwache Verbraucher sind die Hauptopfer des Zillmerns“, haben die Verbraucherschützer festgestellt.
Sie finden das BGH-Urteil „ein bisschen schade“ und hätten sich gewünscht, dass sich die Richter an der Riester-Rente orientieren. Dort werden die Provisionen nicht am Anfang fällig, sondern sind über fünf Jahre gestreckt. Wer vorzeitig aussteigt, bekommt daher weit mehr als nur die Hälfte seiner Beiträge zurück. ULRIKE HERRMANN