Koalition reagiert auf Initiativen

ERFOLG FÜR ENERGIE-BEGEHREN

Die Berliner Politik hat inzwischen gelernt, mit dem Instrument des Volksentscheids umzugehen

Volksentscheide können wirklich dafür sorgen, dass die Politik sich bewegt. Und zwar schon lange bevor es überhaupt erst zu einer landesweiten Volksabstimmung kommt. Voraussetzung ist, dass sich schlagkräftige Gruppen zusammenschließen und ankündigen, die notwendigen gut 170.000 Unterschriften zu sammeln, um einen Volksentscheid anzustoßen. Das zeigt zuletzt der Gesetzentwurf für die Gründung von landeseigenen Stadtwerken, den die Koalition aus SPD und CDU an diesem Donnerstag ins Abgeordnetenhaus eingebracht hat.

Die Koalition nimmt damit Forderungen der Initiative Energietisch auf. Nicht alle Forderungen, aber einige. Ohne die Forderungen des Energietischs – zu ihm gehören unter anderem der Bund für Umwelt und Naturschutz, Attac, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Grüne Liga, der Nabu und Robin Wood – hätte sich wohl gar nichts in dieser Richtung getan.

Die Berliner Politik hat inzwischen gelernt, mit dem Instrument des Volksentscheids umzugehen. Die Abstimmungen zum Flughafen Tempelhof und zum Religionsunterricht haben gezeigt, dass ein Volksentscheid die öffentliche Debatte über Wochen und Monate dominieren und den Senat gehörig unter Druck setzen kann. Der Senat und die ihn tragende Koalition hat daher ein Interesse daran, solche Konflikte möglichst gar nicht erst eskalieren zu lassen. Auch bei dem angedrohten Kita-Volksbegehren für mehr Mitarbeiter in den Kindertagesstätten zum Beispiel ist der Senat auf die Initiatoren zugegangen und hat sich mit ihnen frühzeitig geeinigt.

Ist das jetzt ein Zugewinn an Demokratie? Genau genommen nicht. Denn wenn die Politik die Forderungen von Initiativen frühzeitig aufnimmt, damit es erst gar nicht zu einer landesweiten Volksabstimmung kommt, dann wird man auch nie erfahren, ob die Mehrheit in dieser Stadt für oder gegen die Forderungen war. SEBASTIAN HEISER