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Blamage für den Innensenator

Rigaer Straße Die Teilräumung eines Hausprojekts war rechtswidrig, urteilt das Berliner Landgericht. Damit dürfte auch die Politik von Innensenator Henkel (CDU) hinfällig sein

Hat hier jemand einen Räumungstitel? Demo nach der Räumung in der Rigaer Straße Foto: Björn Kietzmann

aus Berlin Erik Peter

Fast ist man geneigt zu sagen, die Geschichte müsse umgeschrieben werden: Die Teilräumung des Hausprojekts Rigaer Straße 94 im Berliner Stadtteil Friedrichshain war rechtswidrig. Das hat eine Zivilkammer des Berliner Landgerichts am Mittwoch in einem Eilverfahren entschieden. Die Räumung am 22. Juni hatte die jüngste Eskalation im Konflikt um das Haus ausgelöst; bei einer Demonstration von mehreren tausend Unterstützern waren Samstagnacht rund 125 Polizisten und zahlreiche Protestierende verletzt worden.

Der Eigentümer der Immobilie habe bis zum Mittwoch keinen Räumungstitel vorgelegt, begründete die Richterin der Zivilkammer am Mittwoch ihre Entscheidung. Dies wäre die Grundlage gewesen, um Nutzer der Räume im Erdgeschoss hinauszuzwingen. „Der Weg des Eigentümers ist nicht vom Gesetz vorgesehen“, betonte sie – sagte aber auch, dass eine Gerichtsentscheidung im Sinne des Hausbesitzers in einer Hauptverhandlung weiterhin möglich sei. Von der Eigentümerseite war niemand zu der Verhandlung erschienen. Deswegen erging zusätzlich ein Versäumnisurteil. Dabei gewinnt eine Seite automatisch, wenn die Gegenseite nicht zum Prozess kommt.

Die Räume, zu denen unter anderem die Szenekneipe „Ka­dter­schmiede“ gehört, dürfen damit wieder von den Bewohnern genutzt werden. Wie deren Anwalt Lukas Theune ankündigte, wollten seine Mandanten noch am Mittwoch versuchen, die Räumlichkeiten mithilfe eines Gerichtsvollziehers erneut in Besitz zu nehmen.

Vor drei Wochen hatte die Polizei mit mehreren hundert Beamten Mitarbeiter der Hausverwaltung dabei geholfen, mehrere Räume im Erdgeschoss auszuräumen, die angeblich zu Wohnungen für Flüchtlinge umgebaut werden sollen. Seitdem ist die Polizei mit starken Kräften in der Straße präsent, Bewohner des Hauses mussten sich ausweisen. Noch am Montag hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) argumentiert, die Polizei sei in der Rigaer Straße, weil ein Hauseigentümer sein Recht nicht habe durchsetzen können und angegriffen worden sei. Diese Auffassung bekräftigte er nach dem Urteil.

Die Grünen fordern den Rücktritt des Innensenators

Der Innensenator erklärte dies – ungeachtet der Entscheidung in der Sache – ausschließlich mit der Abwesenheit der Eigentümerseite in der Verhandlung. Deren Anwalt sei „massiv“ eingeschüchtert worden; auch einen nicht näher erläuterten Brandanschlag habe es gegeben, so Henkel in einer Mitteilung. Konkreter wurde der Innensenator nicht.

Die Opposition im Abgeordnetenhaus kritisierte Henkel scharf. Die Grünen forderten den Rücktritt: Der Innensenator sei „seiner Aufgabe offensichtlich nicht mehr gewachsen“.

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