: Tumult um die Oberrektorin
UNI Die Hochschulrektoren freuen sich über mehr Studierende und loben den Bachelor. Doch ihre Veranstaltung stören protestierende StudentInnen. Der Widerstand geht weiter
STUDENTEN BEI HRK-PRESSEKONFERENZ
AUS BERLIN GORDON REPINSKI
Es sind keine leichten Tage für Margret Wintermantel. Am Dienstag stürmten eine Handvoll Studierende die Presseveranstaltung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Leipzig und schrien die Präsidentin an.
Einen Tag später saß Wintermantel in Berlin wieder vor der Presse, wieder hatten sich Studierende Einlass verschafft, wieder wurde sie angeschrien. Diesmal stand sogar ein Student auf dem Tisch, mit den Füßen zwischen Orangensäften und Fernsehmikrofonen und der Ferse halb auf Wintermantels Sprechzettel.
Wintermantel wollte eigentlich die jüngsten Studienanfängerzahlen des Statistischen Bundesamts verkünden. 2009 nahmen rund 423.000 junge Menschen ein Studium an Hochschulen in Deutschland auf, der Anteil der Studienanfänger an einem Jahrgang erhöhte sich auf 43 Prozent. „Eine sehr positive Entwicklung“, sagte sie.
Auch das Fazit der Hochschulrektorenkonferenz aus Leipzig fiel für deren Präsidentin durchweg positiv aus. Die Umstellung auf Bachelor und Master sei unumkehrbar, die Leistungen der Hochschulen bei den Umstellungen seien beachtlich und die Reformen zeigten „erste Erfolge“, beispielsweise bei der Akzeptanz der Bachelor-Abschlüsse am Arbeitsmarkt. Insgesamt, resümierte Wintermantel mit fester Stimme, sei die Umsetzung der Bologna-Reformen vonseiten der Hochschulen „eine große Leistung“.
Das sahen die Studierenden nicht so. Einem Teil hatten die Veranstalter Einlass gewährt, um eine Diskussion mit der Hochschulrektorenkonferenz zu ermöglichen, andere verschafften sich Eintritt, indem sie sich an dem überforderten Empfangspersonal vorbeidrängelten.
Dann kam es zu tumultartigen Szenen: Mehrere Studierende stimmten Sprechchöre an und riefen „Wir sind hier, wir sind laut – weil man uns die Bildung klaut“. Schließlich sprang dann noch jener besagte Student auf den Tisch und forderte wild gestikulierend von der Präsidentin, die „haarsträubenden Umstände“ an der Universität zu beenden. Die reagierte gelassen.
Nachdem sich die Lage wieder beruhigt hatte und der Student von den eigenen Kommilitonen zurückgehalten wurde, ergab sich doch noch eine sachliche Diskussion. Eine Studentin beklagte, „der Bachelor-Abschluss qualifiziere nicht für den Lehrerberuf“. Ein Student sagte: „Der Zwang zum Unterricht macht es für viele unmöglich, an den Protesten teilzunehmen.“ Auch die mangelhafte Repräsentanz in Unigremien wurde wiederholt als Kritikpunkt vorgebracht.
Wintermantel äußerte grundsätzliches Verständnis. „Meine Verantwortung ist es, ein qualitätsvolles Studium zu garantieren“, sagte sie. Trotz ihrer positiven Bewertung der Lage an den Hochschulen gestand sie Handlungsbedarf ein. „Wir sind sehr besorgt, dass in einem so großen Maße Unzufriedenheit besteht.“
Die Konfrontation der Studierenden mit Hochschulen und Politik wird dies nicht auflösen. Am 10. Dezember tagt die Kultusministerkonferenz. Mindestens bis dahin werden Streiks und Besetzungen fortgesetzt. Es geht weiter.
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