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Archiv-Artikel

Nachholbedarf bei der Energiewende

BERICHT Expertenkommission wirft Regierung Versäumnisse vor. Vor allem die Effizienz komme nicht voran. Opposition sieht die Schuld bei FDP-Wirtschaftsminister Rösler – der weist das zurück

BERLIN rtr/taz | So unterschiedlich können die Wahrnehmungen sein: Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch bei der Einweihung einer neuen Stromleitung von Schwerin nach Hamburg die Fortschritte bei der Energiewende pries, hat eine Expertenkommission die Regierung zum Nachsteuern gedrängt und ihr zu geringen Ehrgeiz beim Strom- und Gas-Sparen vorgeworfen. Vor allem in Verkehr und Wohnungsbau hinke man den selbst gesteckten Effizienzzielen hinterher, schreiben die vier von der Regierung beauftragten Wissenschaftler in ihrem Bericht, der Reuters am Dienstag vorlag.

Die Energieeffizienz habe sich zwar in den vergangenen Jahren in Deutschland spürbar verbessert, attestierten die Experten dem Bund. Dies sei aber nicht ausreichend, um die angestrebten Ziele zu erreichen, heißt es. Im Verkehrsbereich solle sich die Regierung zudem nicht zu sehr auf Elektroautos konzentrieren, sondern umfassendere Mobilitätskonzepte umsetzen. Die Opposition machte vor allem Wirtschaftsminister Rösler für die Defizite verantwortlich: SPD-Vizefraktionschef Ulrich Kelber sprach von einer schallenden Ohrfeige für die Regierung. Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn warf dem FDP-Vorsitzenden vor, selbst vorhandene Haushaltsmittel für Energieeffizienzprogramme nicht auszuschöpfen. Der Wirtschaftsminister habe eine „Allergie gegen das Energiesparen“. Im Bundeswirtschaftsministerium wurde das zurückgewiesen. Für Defizite im Verkehrs- und Gebäudebereich sei nicht der Wirtschaftsminister verantwortlich, sagte ein Sprecher. In Deutschland werde heute rund 6 Prozent weniger Energie verbraucht als 2008.

Kritik übt die Kommission auch am europäischen Handel mit Kohlendioxid-Verschmutzungs-Rechten. Der Preisverfall der Rechte setze kaum noch Anreize zum Energiesparen. Die Regierung müsse daher das Augenmerk auf die Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit des Handels legen. Die EU-Kommission hat dazu bereits Vorschläge vorgelegt, die auch von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) gestützt werden. Rösler lehnt eine Reform jedoch strikt ab, so dass Deutschland in Brüssel keine Position beziehen kann.

Das Bundeskabinett berät am Mittwoch einen Monitoringbericht zum Verlauf der Energiewende. Die vier Experten unter dem Vorsitz von Andreas Löschel vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) waren beauftragt worden, diesen Bericht zu analysieren.