Berlinmusik: Irrlichtern knistern
Clara Hill ist seit vielen Jahren in der hiesigen Szene aktiv, man kennt die im Ostteil der Stadt geborene Musikerin etwa von ihren Kollaborationen mit Jazzanova, Schneider TM und als treibende Kraft beim Label Sonar Kollektiv. Das Besondere an Clara Hill ist bis heute, dass sie auf keinen Stil festzulegen ist: Es gibt kaum zeitgenössische Genres, die nicht in irgendeiner Form in ihrer Musik anklingen: Electronica, TripHop, Folk, Jazz und Acid Jazz, Singer-Songwriter, Field Recordings, Deep House, Glitch, Experimentelles.
Das neue, fünfte volle Album der Berlinerin heißt nun „Pendulous Moon“ und fügt sich hervorragend in die Reihe kaum klassifizierbarer Musik. Und es ist ein bestens produziertes elektronisches Album geworden: House, Clicks ’n’ Cuts, Glitch und fetter Dancefloor-Pop klingen an. Insgesamt ist es ein sehr sphärisches, akribisch ausgearbeitetes Werk. Wie zuvor schon bei einer 12-Inch im Jahr 2006 hat Clara Hill das Album gemeinsam mit dem renommierten amerikanischen House- und Technomusiker, DJ und Labelbetreiber King Britt aufgenommen.
Von den elf Tracks sind „Spheres“ und „Dron3“, das erste und letzte Stück, so etwas wie die In- und Outros des Albums. Clara Hill und King Britt haben da deepe, dronige Klangflächen eingespielt, die – obgleich das Abschlussstück fast zwölf Minuten vor sich hinwabert – keine Sekunde langweilig werden. In den zugänglicheren und klarer komponierteren Tracks dazwischen fühlt man sich mal an Beats à la FKA Twigs, kurz darauf an Portishead und dann vielleicht auch an düstere Acts wie von Anna Von Hausswolff erinnert. Es knistert, es knuspert, es klackert schön an allen Ecken und Enden.
So ist Clara Hill mit „Pendulous Moon“ ein ziemlich großes Album gelungen – Grund dafür sind neben den vielschichtigen und irrlichternen elektronischen Sounds ihre klare, hohe Stimme, die sich sanft darüberlegt und gut zu den Beats fügt. „Pendulous Moon“ funktioniert sehr gut als Ganzes und hat mit „Lonely Glow“, „Nano Suns“ und „Silent Roar“ knackige Tanzflächenstücke, die es einem sehr einfach machen, einen Zugang zu ihrer Kunst zu finden. Sie sei eine schüchterne Person, halte sich im Hintergrund und bevorzuge die ruhigen Seiten des Lebens, sagte Clara Hill mal in einem Interview. Zum Glück sind auf ihrem neuen Album auch die vielen anderen Seiten von ihr zu hören. Jens Uthoff
Clara Hill with King Britt: „Pendulous Moon“ (KingBrittArchives), 25.06. Berghain KantineRecord Release Show
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