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Archiv-Artikel

Wie Wolfgang Schäuble, aber weniger laut

INNENMINISTER Thomas de Maizière präsentiert sich als leisere Version seines Amtsvorgängers

Der neue Innenminister steht für ruhigere Töne, weniger für neue Inhalte

VON DANIEL SCHULZ UND LUISE STROTHMANN

Das Bundeskriminalamt bleibt in Sachen Überwachung auf Linie, das Bundesinnenministerium auch. Das ist die Botschaft, die von der Herbsttagung des BKA in Wiesbaden ausgeht. Am Donnerstag forderte Behördenchef Ziercke noch einmal, auf Vorrat gespeicherte Daten über die Internetverbindungen Verdächtiger nutzen zu dürfen. Derzeit darf das BKA die Verbindungsdaten nur in Ausnahmefällen benutzen. Wahrscheinlich Anfang 2010 wird das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage entscheiden.

Einen Tag zuvor hatte der neue Bundesinnenminister Thomas de Maizière seine erste große Rede vor Vertretern der Sicherheitsbehörden gehalten. Dabei machte er eventuelle Erwartungen zunichte, er werde eine andere Politik machen als sein Vorgänger Wolfgang Schäuble.

De Maizière sprach von dessen „hervorragender Arbeit“ und sagte, bei der Bekämpfung des Terrorismus sei in den vergangen Jahren „vieles Notwendige geleistet worden“. Dabei hätten die Sicherheitsbehörden nicht über die Stränge geschlagen: „Ich sehe nicht, dass hier des Guten zu viel getan worden wäre.“

Mehrere Äußerungen de Maizières in den letzten Wochen waren als indirekte Kritik an Schäuble aufgefasst worden, beispielsweise der Satz, er sehe sich „nicht nur als Sicherheits- oder Polizeiminister“. Zudem hatte de Maizière kurz nach seinem Amtsantritt vor vier Wochen den Staatssekretär August Hanning in den Ruhestand geschickt. Hanning steht wie kein Zweiter für den Ausbau der Macht der Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren.

De Maizière mochte die teilweise alarmistische Rhetorik von Schäuble nicht, ebenso wenig Hannings Macht und dessen enges Verhältnis zu manchen Journalisten. Über Politiker, die Informationen an die Medien weitergeben, sagte der damalige Kanzleramtsminister im März 2008 der taz: „In der Regel ist es eine Mischung von Eitelkeit und dem Wunsch, sich wichtig zu machen.“

Öffentlich enthielt sich de Maizière jedoch bisher jeder Kritik an Schäuble. Wie in anderen Auftritten machte er vor allem klar, dass der Ton ein anderer werden solle. Staatliche Handlungsmöglichkeiten müssten mit Augenmaß an neue Herausforderungen angepasst werden, dabei sei „nicht alles gleich eine Frage neuer Gesetze“. Doch inhaltlich setzt de Maizière auf Kontinuität.

Er betonte, die Sicherheitsbehörden müssten technisch auf dem gleichen Stand sein wie die Kriminellen und Terroristen. Bisher war dies eine der Standardbegründungen für Überwachungsmaßnahmen wie Online-Durchsuchung oder Vorratsdatenspeicherung. Unter dem neuen Innenminister wird das voraussichtlich so bleiben.

Auch würde de Maizière die angeblich gestiegene Gewalt gegen Polizisten gern härter bestrafen, auf der nächsten Innenministerkonferenz werde es dazu „intensive Beratungen“ geben. Er watschte nebenbei auch die Forscher des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen ab, die derzeit eine Studie zur Gewalt gegen Polizisten erstellen. Die ersten Versionen der Fragebögen gingen auf Gewalterfahrungen der Beamten in Jugend oder Kindheit ein. Damit würde suggeriert, die Polizisten trügen selbst Verantwortung für gegen sie gerichtete Gewalt, sagte de Maizière. Es werde „diese Fragen, die das Privatleben ausforschen“, mit ihm nicht geben.

Der Fragebogen wurde vorab bereits an 80 Polizisten getestet. An den psychologischen Fragen gab es von Seiten der Beamten keine Kritik, sagte Christian Pfeiffer, Direktor des KFN. „Die Bedenken kamen von den Ministerialbeamten und aus den Gewerkschaften.“ Letztlich verzichtete Pfeiffer auf die Gewalt-Fragen.