: Selten günstig
Neuer Mietenspiegel belegt: Altbauten und billige Wohnungen wurden viel teurer. Für hochpreisige Neubauten aber muss weniger bezahlt werden. Ungebrochener Trend zu Altbauten „in den üblichen Vierteln rund um die Alster“
Von Gernot Knödler
Die Mieten in Hamburg sind in den vergangenen zwei Jahren im Durchschnitt weniger stark gestiegen als die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Wie aus dem Mietenspiegel hervorgeht, den Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU) gestern vorstellte, zogen die Mieten um 2,1 Prozent an. Die Inflationsrate lag im selben Zeitraum bei 3,6 Prozent.
Dieser aus Behördensicht moderate Anstieg ergibt sich aus einer starken Spreizung: Während vor allem hochpreisige Neubauwohnungen billiger wurden, zogen die Mieten für günstige Wohnungen zum Teil stark an. Im Übrigen halte der „Trend zum Altbau in den üblichen Stadtteilen rund um die Alster“ an, sagte Willi Rickert vom Amt für Wohnungswirtschaft.
Mit elf bis 23 Prozent am stärksten stiegen die Mieten in Altbauten (gebaut vor 1948). Die hohe Nachfrage nach diesen Wohnungen bestehe wegen der Kombination aus großzügigem Schnitt, attraktiver Gestaltung und ihrer Lage in angesagten Stadtteilen, sagte Matthias Klupp vom Hamburger Institut Analyse und Konzepte, das den Mietenspiegel im Auftrag der Behörde erstellt hat.
Bis zu elf Prozent mehr muss für die günstigen Wohnungen der 50er und 60er Jahre bezahlt werden. Rickert erklärte das mit ihrer Zentrumsnähe. Dabei kommt verschärfend hinzu, dass im Vergleich zum Mittelwert die untere Grenze der Preisspanne, die im Mietenspiegel ebenfalls angegeben wird, überproportional stark gestiegen ist. Das macht es noch schwieriger, eine billige Wohnung zu finden.
Der Verein Mieter helfen Mietern (MhM) wies auf die Probleme hin, die sich hieraus für Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) ergeben. Nur noch 19 Prozent der vom Mietenspiegel erfassten Wohnungen seien billiger als fünf Euro kalt pro Quadratmeter. 2001 waren es noch 26 Prozent. Bei ALG II- Empfängern akzeptiere die zuständige Arge lediglich eine Miete von sechs Euro. Liegt diese höher, verlangt sie einen Umzug. „Da die Neuvermietungspreise erheblich über den Werten des Mietenspiegels liegen, wird die betroffene Familie keine Wohnung zu dem akzeptierten Preis finden“, warnt MhM.
Nach Ansicht von Eckard Pahlke vom Mieterverein zu Hamburg erweckt der moderate durchschnittliche Anstieg der Mieten einen falschen Eindruck vom Wohnungsmarkt: Mit dem Argument, dass die Mieten in einigen Segmenten gesunken seien, könnten Mieter in der Regel keine Senkung ihrer Miete durchsetzen. Andersherum funktioniere das durchaus.
Rückgänge gab es vor allem bei Wohnungen der Jahrgänge 1968 bis 1977. Das liege vermutlich daran, dass darunter viele Sozialwohnungen seien, für die die Mietpreisbindung ausgelaufen sei, sagte Rickert. Billiger mieten lassen sich auch die teuren Neubauwohnungen ab dem Baujahr 1988. Hier vermutet die Behörde, dass der Markt keine höheren Mieten mehr hergibt.
Im Vergleich zu anderen reichen Großstädten liegt das Mietenniveau in Hamburg mit durchschnittlich 6,26 Euro niedrig. In München müssten durchschnittlich elf Euro pro Quadratmeter bezahlt werden, in Stuttgart, Düsseldorf und Frankfurt/Main 6,80 Euro, sagte Freytag.
Der Mietenspiegel bezieht sich auf 491.000 von insgesamt 690.000 Mietwohnungen. Sozialwohnungen, aber auch Unterkünfte in Ein- und Zweifamilienhäusern oder möblierte Wohnungen, werden jedoch nicht erfasst.
Das Institut Analyse und Konzepte zog eine Stichprobe von 7.000 Wohnungen, deren Mieten in den vergangenen vier Jahren angehoben oder die neu vermietet wurden. Der aktuelle Mietenspiegel enthält dabei einen Anteil von 43 Prozent Neuvermietungen, bei denen die Preise weitgehend frei gestaltet werden konnten.
Mietenspiegeltabelle SEITE 18