: Kettenpanzer für die Elfenbeinküste
Frankreich beginnt mit Aufrüstung seiner Eingreiftruppe kurz vor UN-Beratungen. Früherer Kommandant der Eingreiftruppe wegen Todesfalls suspendiert. Bis Monatsende entscheidet sich die Rettung des Friedensprozesses in der Elfenbeinküste
VON DOMINIC JOHNSON
Kurz vor entscheidenden Rettungsversuchen für den Friedensprozess in der Elfenbeinküste bringt sich Frankreich für ein mögliches militärisches Vorgehen in Stellung. Zum ersten Mal in der Geschichte französischer Militärinterventionen in Afrika hat Paris die Entsendung moderner Kettenpanzer zu seiner Eingreiftruppe in dem Land angekündigt. Die neun Panzer vom Typ AMX-10 seien „keine Erhöhung der Schlagkraft“, behauptete die Armeeführung in Paris am Montag; allerdings böten die „Truppentransporter“, hieß es, „eine Loslösung von Terrainproblemen“. Gemeint sei, so gestern ivorische Medien, dass die neuen Panzerfahrzeuge anders als die bisherigen sich auch abseits von Straßen problemlos bewegen und daher in der Metropole Abidjan Straßenblockaden umgehen könnten.
Zugleich versucht Frankreich, seinen lädierten Ruf in der Elfenbeinküste aufzupolieren. General Henri Poncet, ehemaliger Kommandant der Eingreiftruppe und heute in Bordeaux stationiert, wurde am Montagabend suspendiert, zusammen mit zwei weiteren Militärs. Die Militärstaatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Am 17. Mai war im Westen der Elfenbeinküste ein mutmaßlicher Straßenräuber von französischen Soldaten angeschossen worden und im Militärgewahrsam verstorben.
Seit 2002 überwachen 4.000 französische Truppen in der Elfenbeinküste eine Waffenstillstandslinie zwischen der Regierungsarmee von Präsident Laurent Gbagbo im Süden und Rebellen im Norden. Inzwischen sind 6.500 UN-Blauhelme dazugekommen. Im November 2004 hatte es bei Kämpfen zwischen der französischen Armee und Milizionären in Abidjan mehrere Dutzend Tote gegeben. Seitdem wird Frankreich als Vermittler nicht mehr akzeptiert.
Bei der Durchsetzung möglicher neuer UN-Beschlüsse wird allerdings erneut den Franzosen eine zentrale Rolle zukommen. „Wir überlegen alle Szenarien, wir hören allen zu, und hinterher werden wir handeln, wenn der Bedarf zu spüren ist“, sagte vor wenigen Tagen der französische Militärsprecher in der Elfenbeinküste. Der UN-Sicherheitsrat soll demnächst über einen von Frankreich eingebrachten Resolutionsentwurf abstimmen, der klärt, was passiert, wenn am 30. Oktober die reguläre Amtszeit von Präsident Gbagbo abläuft.
Der Entwurf orientiert sich an Beschlüssen der Afrikanischen Union vom 6. Oktober. Demzufolge bleibt Präsident Gbagbo für ein weiteres Jahr im Amt, verliert allerdings seine Macht an einen von außen zu bestimmenden und zu unterstützenden Premierminister. Dessen Arbeit wird international überwacht.
Dieses Modell sorgt in der Elfenbeinküste für Spannungen. Oppositionelle, die Gbagbos Absetzung zugunsten einer neutralen Übergangsregierung fordern, erwägen für nächste Woche Großdemonstrationen in Abidjan – was zu einem Blutbad führen kann. Nicht verstummen wollen auch Mutmaßungen über einen Putsch gegen Gbagbo aus den eigenen Reihen. Die UN-Mission in der Elfenbeinküste sowie Frankreich haben bereits angemahnt, ein neuer Friedensplan brauche Truppenverstärkungen.