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Archiv-Artikel

Weniger Suizide

Zahl der Selbsttötungen sinkt weiter. Männer bringen sich häufiger um als Frauen und greifen zu härteren Methoden

BERLIN taz ■ Die Zahl der Selbsttötungen in Deutschland geht weiter zurück. Im Jahr 2003 haben sich 11.150 Menschen umgebracht, das entspricht 1,3 Prozent aller Todesfälle. Damit kamen 14 Suizide auf jeweils 100.000 Deutsche. Vor zwanzig Jahren waren es noch fast doppelt so viele.

Rückläufig ist allerdings nur die ohnehin geringe Zahl von Frauen, die sich das Leben nehmen. Bei den Männern dagegen stieg die Häufigkeit von Suiziden sogar an. Auf eine Frau kommen in der Statistik der Selbsttötungen mittlerweile drei Männer, vor zwanzig Jahren waren es nur zwei.

Die Gründe dafür sind für die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) klar. „Männer haben weniger Möglichkeiten, sich zu öffnen, sie sind weniger bereit, einen Arzt aufzusuchen, eine Therapie zu machen oder sich andere Hilfe zu suchen“, sagt Hans Wedler von der DGS. „Und wenn die Probleme kumulieren, greifen sie zu schärferen Konsequenzen.“ In der Tendenz, so erläutert der Suizidexperte weiter, sei das Geschlechterverhältnis in Sachen Selbstmord „auf der ganzen Welt gleich“.

Allerdings unternehmen viel mehr Frauen als Männer den Versuch, sich umzubringen. Von insgesamt zehn Versuchen, so schätzen die Experten, führt einer tatsächlich zum Tod. „Bei den nicht tödlichen Versuchen ist das Verhältnis von Männern und Frauen genau umgekehrt wie bei den tödlichen“, sagt der Internist und Psychotherapeut Wedler, der bis zu seiner Pensionierung ärztlicher Direktor einer Stuttgarter Klinik war. Das liege unter anderem daran, dass Männer „härtere Methoden“ verwenden.

Bei beiden Geschlechtern ist das Erhängen das häufigste Mittel zur Selbsttötung. Sich zu erschießen, aus großer Höhe zu springen oder sich überfahren zu lassen, sind dagegen typisch männliche Formen des Suizids. Bei Frauen dagegen steht die Vergiftung unter den Methoden an zweiter Stelle. Meist nehmen sie Tabletten. „Dabei wird man leichter gerettet“, sagt Wedler. Auch sei bei Frauen das Motiv, durch die Tat einen Hilferuf auszusenden, viel häufiger als bei den Männern.

Mit steigendem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, einen Suizid zu begehen – bei beiden Geschlechtern. Knapp die Hälfte der Menschen, die 2003 freiwillig aus dem Leben schieden, waren über 60 Jahre alt. Die höchste Selbstmordrate gibt es bei den über 80-Jährigen. „Bei den Alten“, sagt Suizidexperte Wedler, „nehmen übrigens die harten Selbstmordmethoden zu“. Das gelte auch bei den Frauen.SABINE AM ORDE