Buch ist Frauensache

VON MIRJAM MEINHARDT

Heute beginnt die Buchmesse in Frankfurt. Unter den Buchhändlern, Verlegern und Autoren sind Frauen immer noch eine Minderheit. Nur in einer Funktion dominieren sie: als Leserinnen. Der Buchmarkt verdankt den Frauen alles. Ohne weibliches Publikum gäbe es keine Romane, keinen literarischen Betrieb – und wahrscheinlich auch keine Buchmesse.

Christoph Schäfer von der Stiftung Lesen in Mainz erklärte: „Grundsätzlich lesen Frauen mehr als Männer.“ Im Alter zwischen 25 und 60 seien es hauptsächlich Frauen, die ihre Freizeit mit Büchern verbringen. Das bestätigt eine Untersuchung der Stiftung. Der Studie „Leseverhalten in Deutschland“ zufolge lesen Männer vor allem bis zum Ende des Studiums – und dann wieder nach ihrer Pensionierung. Die Geschlechter lesen zudem Unterschiedliches. Wenn Männer zum Buch greifen, lesen sie überwiegend Sachbücher. Romane sind für sie meist nur interessant, wenn sie einen politischen, wirtschaftlichen oder geschichtlichen Hintergrund liefern.

Christiane Barthel, Buchhändlerin in Idstein/Hessen, berichtet von ihren Kunden: „Hauptsächlich Bücher, mit denen man noch etwas lernt oder die zumindest spannend sind, wecken bei Männern Interesse.“ Wenn Frauen hingegen Sachbücher lesen, so die Expertin, seien es oft die Bereiche Psychologie, Erziehung und Wellness.

Grundsätzlich aber lesen Frauen mehr Schöngeistiges. Romane werden überwiegend von Frauen gelesen. Der britische Schriftsteller Ian McEwan zieht in der FAZ sogar das drastische Fazit: „Wenn Frauen nicht mehr lesen, ist der Roman tot.“ Da könnte er durchaus gar nicht so falsch liegen.

In der Öffentlichkeit steht in Deutschland vor allem eine Frau für den Roman: Elke Heidenreich. Auch ihre monatliche Sendung „Lesen!“ im ZDF wird überwiegend von Frauen gesehen. Die Romane, die Frau Heidenreich vorschlägt, sind die Bücher, die nach der Sendung auf den Bestsellerlisten erscheinen. Frauen greifen aus anderen Gründen als Männer zum Roman. Die „Lesen“-Studie weist aus: Frauen lesen überwiegend, um sich zu entspannen oder unterhalten zu werden. Zwei Drittel der Frauen nannten dies als Grund für ihre Lektüre. Nur ein Drittel liest aus dem Wunsch heraus, sich zu informieren. Bei Männern ist dieses Verhältnis genau umgekehrt. Männer lesen, um informiert zu werden.

Romane wurden schon immer hauptsächlich von Frauen gelesen. Im 18. Jahrhundert hatte man sogar Angst, das weibliche Geschlecht würde durch Romane und das Lesen über Irrungen und Wirrungen der Gefühlswelt geradezu verführt. Heute aber zeigen sich Unterschiede im Leseverhalten bei Jungen und Mädchen bereits im Jugendalter. Während sich Jungen häufiger mit dem Computer beschäftigen, zeigen Mädchen wesentlich mehr Interesse an Büchern und Hörspielen als Jungen, wie die Studie „Jugend, Information, Media des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest“ darstellt.

Das geschlechtsspezifische Leseverhalten scheint sich jedoch zu verändern. Immer mehr Frauen lesen Sachbücher. Bodo Franzmann von der Stiftung Lesen sieht darin einen regelrechten Trend. Dadurch, dass Frauen immer stärker in gehobene Positionen vorrückten, müssten sie sich stärker mit Karriere und Weiterbildung beschäftigen. So sieht es auch Brigitte Hort vom Campus-Verlag. Der auf Sach- und Wirtschaftsbücher spezialisierte Verlag sieht gerade bei den Leserinnen einen regelrechten Boom.