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Archiv-Artikel

Altona wird Protestmeile

GENTRIFIZIERUNG Künstler und Aktivisten feiern gegen den Abriss des Frappant-Gebäudes. Ikea-Unterstützer wollen angeblich Unterschriften zurückziehen

Der für heute geplante Rauswurf von Künstlern und Ladenbesitzern stößt auf Widerstand

Farbige Lichtspiele an der Fassade, Plakate wie „Die Stadt gehört allen“, „Soziale Zentren statt Investorenträume“ und „Eine Stadt ist kein Unternehmen“: Um das Frappant-Gebäude herum verwandelte sich die Große Bergstraße am Samstag bis in die späte Nacht hinein in eine lebhafte Protest- und Feiermeile. Wo sonst nach Einbruch der Dunkelheit kaum jemand unterwegs ist, tummelten sich an diesem Abend einige tausend Zuschauer und interessierte Anwohner.

Drinnen in den ehemaligen Verkaufshallen von Karstadt traten Musiker aus dem Umfeld des Golden Pudel Clubs und Aktive aus der Bürgerinitiative gegen Ikea in Altona auf. An einer Wand können die Anwesenden per Aufkleber ihre Stimme zu Statements wie „Wir sind die Stadt“, „Kitaplätze für alle“, „Kretschmer enteignen“ und „Investoren schaffen Arbeitsplätze“ abgeben.

Der Anlass für den Protest ist recht akut: Die Stadt plant das Gebäude abzureißen, um eine Ikea-Innenstadtfiliale zu bauen, und heute laufen die Verträge mit Künstlern und Läden im Frappant aus. Alle müssen ausziehen; die ursprünglich bis zum Frühjahr geplante Verlängerung der Verträge wurde zurückgenommen. Das stößt auf Widerstand. „Besetzung kommt von sitzen“, sagte DJ Patex und forderte die Zuschauer auf, Platz zu nehmen. In ihrer Interpretation der Parole „Ihr kriegt uns hier nicht raus! Das ist unser Haus“ von Ton Steine Scherben schlugen Jacques Palminger, Rica Blunck und Viktor Marek vor, doch lieber Billy & Co. aus Altona rauszuwerfen.

Mehr als 2.000 Anwohner, die am Sonnabend das Frappant besuchten, hätten angekündigt, ihre Unterschriften für ein Ikea in Altona zurückzuziehen, sagte Protestler Christoph Twickel. Auch die Bezirksversammlung habe sich mit ihm in Verbindung gesetzt und zugunsten einer alternativen Nutzung eingelenkt. „Wir müssen aber vorsichtig bleiben“, so Twickel. Man sei schon oft über den Tisch gezogen worden. Deshalb wollen die Aktivisten dranbleiben: In dieser Woche sind täglich Veranstaltungen im Frappant geplant. LENA KAISER