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Archiv-Artikel

Stechende Plastikmesser

Wenn Punk und Elektro gemeinsam Ärger machen: Spillsburys Musik für junge Leute in der Tanzhalle

Da gab es dieses Album Raus vor ein paar Jahren. Es klang beim ersten Hören belanglos, nichts Besonderes also – die schwer angesagte Retro-Achtziger-Elektro-Gitarren-Blase eben. Doch dann, nach und nach, wurde es immer besser. Zoe Meißner und Tobias Asche hießen die jungen Protagonisten dieses Pop-Spektakels – und wer Spillsbury einmal live erlebt hat, war überwältigt. Nicht Posen gewiefter Klang-Elektroniker gab es hier zu sehen, sondern den authentisch-archaisch-anarchischen Kinderzimmer-Keyboard-Aufstand. Etwas Lo-Fi, vor allem aber: Musik wie ein Wirbelwind. Die Fäuste in die Luft, der Bass ganz tief, knapp unter Kniehöhe.

Das Duo als Wirbelwind, das sind Spillsbury bis heute, wie auch das zweite Album – 2 – zeigt. Spillsbury bleiben bis auf weiteres vehemente Jünger einer Philosophie der Schnelligkeit und Unrast: Bloß nicht Halt machen, komm schon, weiter, immer weiter, alles geben, immer weiter durchdrehen. Ein keifendes, rockiges, stellenweise überaus nervendes Plädoyer gegen die Gemütlichkeit. Die Stimme von Zoe Meißner sticht dabei wie ein Plastikmesser in die Rippen, dahinter pumpt die funky Allianz aus Drumbeat, Bass, Synthie und Gitarrengroove in dieses klebrige Knallgeschoss. Was kann man denn dagegen haben, wenn Punk und Elektro gemeinsam Ärger machen?

Vielleicht nur das, wenn es überhaupt ein Einwand ist: Spillsbury machen ausnahmslos und ganz entschieden Musik für junge Leute. Die Älteren, die werden das langweilig finden, weil sie sich an früher erinnern, wo alles immer besser war. Und tatsächlich könnten viele der Stücke von Spillsbury auch im Jahr 1982 entstanden sein. Mal splittern die Buzzcocks, dann poltern DAF, manchmal jappst Ideal im Geiste mit – doch warum eigentlich nicht? Im Pop darf jede neue Generation ganz vorlaut behaupten, sie wären die Ersten. Das war schon immer so.

Jetzt wird in der Hamburger Tanzhalle ganz groß die Tourabschlussparty gefeiert. Neben Spillsbury geben sich die DJs Phokus und Holly Wood die Ehre.

Marek Storch

Sa, 22.10., 22 Uhr, Tanzhalle