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Archiv-Artikel

Die Schrottschmelzer aus dem Norden

Rettung des Aluminiumwerks droht zu scheitern. Uldall fragt sich, ob Norsk Hydro überhaupt verhandeln will. Der Alteigentümer stellt offenbar immer neue Bedingungen. 200 Beschäftigte protestieren vor Unternehmenszentrale

von Gernot Knödler

Die Rettung des Hamburger Aluminiumwerks (HAW) wird immer unwahrscheinlicher. „Ich mache mir außerordentlich große Sorgen um den Verlauf der Gespräche über den Verkauf der HAW“, sagte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) gestern. Das Hin und Her von Angeboten zur Übernahme des Werks und Nachforderungen aus Kreisen der Alt-Eigentümer verdichteten sich bei Uldall zu dem Eindruck, dass einer der bisherigen Eigentümer – Norsk Hydro – gar nicht verkaufen wolle.

„Weil nicht in meinen Kopf hinein will, dass man eine Lösung, die für alle Seiten von Vorteil ist, nicht realisieren können sollte“, hat der Senator für Freitag trotzdem zu Verkaufsverhandlungen eingeladen. Zugesagt hat bis gestern Nachmittag allerdings nur die Firma Georgsmarienhütte, die einzige Kaufinteressentin.

Uldall zufolge hatte Georgsmarienhütte bei den Vorgesprächen termingerecht ein Angebot zur Übernahme des Werks vorgelegt, das den Vorgaben der Alteigentümer Norsk Hydro, Alcoa und Amag entsprochen habe. Statt zu ernsthaften Verhandlungen überzugehen, seien „allgemeine Bedenken“ gegen das Angebot vorgebracht worden, die aus Sicht Uldalls ausgeräumt werden konnten.

Georgsmarienhütte habe die Alteigentümer weitgehend von den Risiken freigestellt, die mit dem Verkauf eintreten könnten. Der Senat habe das Altlastenrisiko übernommen und die Pflicht, nach einem Ende der Produktion das Fabrikgelände wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen. Beides soll die Alteigentümer für den Fall aus der Pflicht nehmen, dass das Aluwerk in der Regie der Georgsmarienhütte Insolvenz anmelden müsste. „Damit waren meiner Meinung nach die Hürden weg“, sagte Uldall. Am Dienstag hätten die Eigentümer jedoch mitteilen lassen, dass diese Freistellungen nicht weit genug gingen.

Auch der scheidende Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) habe sich gestern zum wiederholten Male eingeschaltet und eine halbe Stunde lang mit der Spitze von Norsk Hydro in Oslo telefoniert. Dabei hätten die Norweger im Wesentlichen argumentiert, die Stromkosten in Deutschland seien zu hoch. Mit dem Angebot von Georgsmarienhütte könne sich das HAW daher nicht erfolgreich weiterbetreiben lassen. Uldall wunderte sich über dieses Argument, schließlich sei Jürgen Großmann, der Eigentümer der Georgsmarienhütte Holding, ein erfolgreicher und in Sanierungen erfahrener Unternehmer.

Knackpunkt möglicher Verhandlungen ist die Gießerei. Wie berichtet, kann das Aluwerk nur zusammen mit der Gießerei wirtschaftlich betrieben werden. Norsk Hydro will sein benachbartes Walzwerk von der Gießerei preisgünstig mit Vorprodukten beliefern und den im Walzwerk anfallenden Schrott dort einschmelzen lassen. Dabei gehen die Vorstellungen über Preise und Konditionen auseinander.

Die Norweger verfügen über eine komfortable Verhandlungsposition: Im Falle der Schließung des HAW könnten und würden sie die Gießerei den beiden Mitgesellschaftern abkaufen und allein weiterbetreiben. Die 350 Arbeitsplätze im übrigen Teil des Aluwerks wären damit verloren.

Bei einer Demonstration vor der Deutschland-Zentrale von Norsk Hydro in Köln warfen Vertreter der Belegschaft und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) dem Konzern mangelndes Entgegenkommen vor. „Die führen uns an der Nase herum“, sagte ein Redner. Bis Dienstag müsse die Entscheidung für den Verkauf gefallen sein, um das Werk zu retten.