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Archiv-Artikel

Genosse ohne Grenzen

Justizministerium plant gesetzliche Änderungen, um die Gründung von Genossenschaften zu erleichtern

BERLIN taz ■ Ab 2006 wird es leichter, Genossenschaften zu gründen – auch grenzüberschreitend. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) stellte gestern geplante Änderungen des deutschen Rechts vor. Danach werden künftig für eine Gründung nur noch 3 statt wie bisher 7 Mitglieder benötigt. Bei einer Bilanzsumme bis zu 1 Million Euro muss auch der Jahresabschluss nicht mehr geprüft werden. Die Kapitalbeschaffung solle erleichtert werden: Sacheinlagen könnten ab nächstem Jahr als finanzielle Einlage angerechnet werden, zum Beispiel, wenn ein Bauer seinen Traktor in die Genossenschaft einbringt.

Auch die zulässigen Ziele für eine Genossenschaft wurden erweitert. Nicht mehr nur wirtschaftliche Zwecke gelten, sondern auch soziale und kulturelle. So könne zum Beispiel Kinder- oder Seniorenbetreuung gefördert werden, sagt Zypries.

Dass die Rechtsform der Genossenschaft, die oft als altbacken gilt, durchaus noch aktuell sei, belegte die Ministerin mit Zahlen. Es gebe insgesamt 12.000 Genossenschaften in Deutschland. Besonders verbreitet sind sie im Bankenbereich und beim Wohnungsbau. Der Grundgedanke bei einer Genossenschaft sei nicht nur wirtschaftlich, sondern bestehe auch darin, einen ideellen Zweck zu fördern. Dies könne zum Beispiel preiswerter Wohnraum sein. „Auch im IT-Bereich werden Genossenschaften zunehmend gegründet. Diese Rechtsform erleichtert den Unternehmen Entwicklung und Vermarktung“, sagte Zypries.

Bei einer Genossenschaft schließen sich die Mitglieder zu einer juristischen Person zusammen. Das steigert die Wettbewerbsfähigkeit. Der Vorteil einer Genossenschaft besteht darin, dass Mitglieder nur mit ihrem eingezahlten Anteil haften. In einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haften Mitglieder hingegen mit ihrem gesamten Vermögen. Ein weiterer Vorteil: Die Mitglieder sind Miteigentümer des entsprechenden Objektes, sei es ein Haus, eine Waldorfschule oder eine Zeitung.

Banken raten allerdings oft von der Gründung einer Genossenschaft ab. Sie bevorzugen einen einzigen verantwortlichen Ansprechpartner. Bei einer Genossenschaft gibt es aber mindestens 7 Gesellschafter, die gemeinsam haften.

Ab August 2006 gibt es neben der Genossenschaft nach nationalem Recht auch die Rechtsform einer Europäischen Genossenschaft. Dies soll Genossenschaften grenzüberschreitende Betätigung erleichtern. So können in Regionen wie Baden und dem Saarland zum Beispiel Winzer eine grenzüberschreitende Genossenschaft bilden. Bisher gibt es innerhalb der EU große Unterschiede in der Definition einer „Genossenschaft“.

ANNETTE LEYSSNER