: OFF-KINO
Off-Kino
Lars Penning
Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet
Seit einigen Jahren führt die französische Schauspielerin Julie Delpy auch Regie und erkundet die Mechanismen der Filmkomödie. Ausgangspunkt ihrer Arbeit sind mit möglichst gegensätzlichem Charakter und Temperament entworfene Figuren verschiedener Gesellschaftsschichten und beruflicher Sphären, die in komischen, manchmal dramatischen und oft absurden Vignetten aufeinanderprallen. Eine Folge dieses sympathischen Dahinflottierens sind vielfältige Stimmungs- und Perspektivwechsel, die Delpy offenbar gern in Kauf nimmt. In „Lolo – Drei ist einer zu viel“ spielt Delpy die in der Modebranche arbeitende Pariserin Violette, die bei einem Aufenthalt in Biarritz den IT-Spezialisten Jean-René (Dany Boon) kennen und lieben lernt. Doch nicht dessen vermeintliche Provinzialität stellt sich als größter Feind ihrer Beziehung heraus, sondern – was beide nicht ahnen – Violettes 19-jähriger Sohn Eloi, ein Narziss psychopathischer Dimension, der sich mittels kindischer „Streiche“ anschickt, den etwas naiven Jean-René in jeder Hinsicht unmöglich zu machen. Das ist lustig und böse zugleich – mit der Zeit wird das Porträt des verzogenen Familienpsychopathen, dessen Verhalten ja auch ein Licht auf Violettes Kindeserziehung wirft, immer düsterer (21.—27. 4., 18.40 Uhr, Kant Kino).
Französisches Kino ganz anderer Art stellt Stéphane Brizés Sozialdrama „Der Wert des Menschen“ dar: die Geschichte des seit Monaten arbeitslosen Thierry (Vincent Lindon), der mit Anfang fünfzig in die Maschinerie der komplett ökonomisierten Gesellschaft gerät, entfaltet sich im schnörkellosen Stil einer Pseudo-Direct-Cinema-Doku mit Anklängen an die gnadenlos konsequenten Filme Robert Bressons. Denn als Thierry nach sinnlosen Maßnahmen des Arbeitsamtes und witzlosen Bewerbungen schließlich einen Job als Supermarktdetektiv bekommt, löst der Auftrag, auch die anderen Mitarbeiter zu bespitzeln, eine Tragödie aus, zu der er sich irgendwie verhalten muss. Schließlich gilt das Gesetz des Marktes – und der einzelne Mensch mit seinem privaten Schicksal nichts (21.–27. 4., 18 Uhr, Tilsiter Lichtspiele, 22.& 25. 4., 16 Uhr, 24. 4., 16.15 Uhr IL Kino).
Roman Polanskis erster langer Spielfilm „Das Messer im Wasser“ ist längst ein Klassiker: Ein Ehepaar und ein Anhalter gemeinsam auf einem Segeltörn, das bringt sexuelle Spannung und tumben Machismo hervor, aber auch einen Abgleich von Realität und sozialistischen Idealen. Das Drehbuch schrieb Jerzy Skolimowski, dem das Zeughauskino momentan eine Werkschau widmet (22. 4., 19 Uhr, Zeughauskino).
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