LESERINNENBRIEFE :
Wer die Rente sichert, punktet
■ betr.: „Rente soll in die Verfassung“, taz vom 21. 12. 12
Der Satz des ehemaligen Sozialministers Norbert Blüm „Die Rente ist sicher“ ist mittlerweile fast in Vergessenheit geraten. Da ist die grundgesetzliche Absicherung der Rente keineswegs „unnötig“, denn seit es die private Zusatzversicherung gibt, ist eben die „Existenz der gesetzlichen Rentenversicherung“ keineswegs mehr politischer Konsens, wie die Grünen glauben. Da ist vielmehr die Gefahr gegeben, auf die Peter Bofinger, Mitglied der sogenannten Wirtschaftsweisen, hinweist, dass die Rentenansprüche je nach Wirtschaftslage gekürzt werden können; zu besichtigen derzeit in den krisengeplagten EU-Staaten, wo eine Kürzungsorgie auf die nächste folgt. Auch hierzulande ist das Rentenniveau massiv abgesenkt worden und soll noch weiter sinken. Eine Partei, die sich für eine sichere Rentenversorgung einsetzt, dürfte daher bei den WählerInnen punkten.
HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel
Alltagsdroge Alkohol
■ betr.: „Sprung ins Trockene“, taz vom 27. 12. 12
Ihr Autor Daniel Schreiber schildert in dem Artikel sehr schön seinen Sprung ins Trockne und macht auf die Gefahren der Alltagsdroge Alkohol aufmerksam. Nach den Weihnachtsfeiertagen habe ich dies satt und nicht ganz nüchtern zur Kenntnis genommen. Etwas beschämt zwar, aber ernsthaft interessiert.
Habe dann doch davon abgesehen, Ihrer Anzeige auf ebendieser Seite nachzugehen: taz Lese Nr.12! Ein wahrscheinlich sehr leckerer Perlwein! Oder soll ich doch zugreifen? Rosé mag ich … Nein, die Anzeige zum Artikel halte ich für geschmacklos. MARC FINKE, Bad Driburg
Weg in den Gottesdienst
■ betr.: „Ich bin nicht nostalgisch“, Interview mit Richard Sennett, taz vom 24. 12. 12
Dear Sir, als einem aufmerksamen Leser Ihrer wissenschaftlichen Arbeiten werden Sie es mir nicht verdenken, dass die Frage, wie Sie die Weihnachtstage verbringen, mir wenig Interesse abgewinnen konnte. Trotz viermaliger Wiederholung kam die Mitteilung, dass Sie da lange Spaziergänge auf dem Land machen und anderen dasselbe empfehlen, für mich über den Status einer individuellen Expression nicht hinaus. Da interessierte mich zu Weihnachten schon mehr, was Sie einst über den Sinn des religiösen Rituals mitgeteilt haben: dass dieses nämlich die Fähigkeit des Menschen zur Selbst-Distanz und damit zu öffentlichem Ausdruck und Handeln stärkt (Verfall und Ende des öffentlichen Lebens, 1983, S. 301 f). Dieser Ihrer Erkenntnis folgend nahm ich meinen Weg am Weihnachtstag – in einen christlichen Gottesdienst und habe das als public man nicht bereut.
EBERHARD LEMPP, Tübingen
Zählen Frauen nicht zum Volk?
■ betr.: „Volkssport Vergewaltigung“, taz vom 27. 12. 12
Ist euch eigentlich klar, was ihr mit dieser Überschrift ausdrückt? Wenn ich mal davon ausgehe, dass die Frauen nicht in nennenswerter Zahl selbst auch vergewaltigen, bedeutet das, dass ihr die Frauen nicht zum Volk zählt!
Und die Angabe, dass in Neu-Delhi alle 18 Stunden eine Vergewaltigung stattfindet, wirft sofort wieder neue Fragen auf: Meint ihr eventuell die Stadt Delhi mit elf Millionen beziehungsweise 16 Millionen Einwohnern mit Umkreis oder wirklich nur den Stadtteil Neu-Delhi mit 250.000 Einwohnern? Das würde schon einen Unterschied in der Gewichtung machen. Und dann wäre noch interessant zu wissen – zum Vergleich –, wie viel Vergewaltigungen in Europa oder Deutschland stattfinden, auf die gleiche Bevölkerungszahl gerechnet. Ich wäre nicht sehr überrascht, wenn das diesen Bericht relativieren würde. MANFRED HENNECKE, Olsberg
Garnierte Beiß-Rhetorik
■ betr.: „Die Welt ist eine gute“, Editorial von Jan Feddersen, taz vom 24. 12. 12
Lieber furchtloser Jan, wer spricht denn da in der Bibel „Fürchtet euch nicht“ – gemeint sind die Hirten auf dem Felde (Luk. 2,10) oder „fürchte dich nicht“ – zu dem Obersten der Synagoge, als dessen Tochter gestorben war (Luk 8,50)?
Im ersten Fall ist es also eine Botschaft aus der Engelwelt. Solche Botschaften sind gelegentlich so erstaunlich in Form und Inhalt, dass es (andere Begebenheit im gleichen Zusammenhang) der Coolness einer starken Frau wie Maria (Mutter Jesu) bedarf, um zu verstehen und zu akzeptieren. Die zweite, in meiner frohen Botschaft beschriebene Situation zeigt den höchstbegabten Jesus (Christus), der die Angst im Menschen als Haupthinderungsgrund in der Menschwerdung erkennt und seine Heilswirkung zunächst durch Entängstigung bewirkt. Es könnte ja sein, dass du das gewusst hast, aber du wolltest ja deine Beiß-Rhetorik garnieren und hast mir hoffnungsseligen Christenmenschen (Typ armer Josef) auf das „Frohe-Weihnacht-Hemd“ gekleckert.
Hätte meine Tochter (Typ Heilige drei Königin) mich nicht darauf aufmerksam gemacht, hätte ich den Sinn deiner grundsätzlich guten Nachricht überlesen. Meine Anforderung an Förderung von Weihnachtsseligkeit in der taz geht gegen null, wie meine Lust, deiner Genossenschaft (Ihre taz) beizutreten, heute, nach zwischenzeitlichem Lustgewinn, aber da klingt bei mir jetzt wieder „Kampfgenosse“ heraus; da wollen wir doch weg – oder? WERNER KÖRSGEN, Witten