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Archiv-Artikel

Zweite Chance für Kolumbiens Präsident Uribe

Das Verfassungsgericht gibt grünes Licht für eine mögliche Wiederwahl des Bush-Freundes. Das eint die Opposition

BERLIN taz ■ Am besten bringt es ein früherer Parteifreund von Álvaro Uribe auf den Punkt: „Er wird die ganze Macht haben“, sagt Jaime Castro von den kolumbianischen Liberalen. „Wie Ludwig XIV. wird er sagen können: ‚Der Staat bin ich‘.“ Nach dem Urteilsspruch des Verfassungsgerichts vom Mittwochabend scheint der Weg für eine zweite Amtszeit des Bush-Freundes Uribe geebnet.

Mit sechs zu drei Stimmen lehnten die obersten Richter nahezu sämtliche Einsprüche gegen die letztes Jahr vom Parlament beschlossene Verfassungsänderung ab. Uribe selbst genoss seinen Triumph gewohnt verhalten. Die Demokratie werde „vertieft“, sagte er, nun müssten sich die Präsidenten nicht dem Urteil der Geschichte, sondern dem des Volkes stellen. Uribe hatte die Verfassungsänderung damit begründet, dass die Beilegung des bürgerkriegsähnlichen Konflikts eine kontinuierliche Politik von mehr als vier Jahren erfordere.

Durch die jetzt drohende Besetzung weiterer Schlüsselposten im Staatsapparat durch Uribe werde das in der Verfassung vorgesehene Gleichgewicht zerstört, kritisierte hingegen der Konservative Juan Carlos Restrepo. Begeistert zeigten sich Unternehmer und Börsianer. Auch im Weißen Haus in Washington dürfte gefeiert worden sein, denn Hardliner Uribe ist in Lateinamerika der mit Abstand wichtigste Verbündete der US-Falken, die unter dem Deckmantel des Antidrogen- und Antiterrorkampfes die Militarisierung der Region vorantreiben wollen.

Gelassen reagierten die linken Präsidentschaftskandidaten auf die Entscheidung der Richter: „Wir wussten, dass wir uns auf das schlimmste Szenario einstellen mussten“, sagte Carlos Gaviria vom Linksbündnis „Demokratische Alternative“. Der gemeinsame Gegner Uribe dürfte allerdings die Allianz mit dem „Unabhängigen Demokratischen Pol“ und dem linken Flügel der Liberalen erleichtern. Damit steht Kolumbien 2006 eine ungewöhnlich deutliche Richtungswahl bevor. GERHARD DILGER